Ein "Lebensbild" nennt Eddy Klöcker seine Autobiographie - angefangen bei Kindheit und Jugend in seinem Heimatdorf Mürringen: "Ich bin als Halbwaise mit meinem Bruder aufgewachsen - in sehr armen Verhältnissen," sagt der heute fast 76-Jährige.
Sein Vater fiel 1943 im Krieg, die Mutter, auf sich allein gestellt, musste im bäuerlichen Betrieb ihrer Eltern hart arbeiten und in der Schule putzen, um das Internat für ihren Ältesten zu bezahlen: "Mein Großvater dachte sich: Der Eddy hat technische Fähigkeiten und schickte mich zu den Salesianern vom heiligen Don Bosco in Remouchamps". Dort wurde Klöcker als Dreher, Fräser, Feinmechaniker ausgebildet.
"Ich war christlich erzogen, dazu vier Jahre in der Don-Bosco-Schule. Da ist mir bewusst geworden, weshalb es sich lohnt, solidarisch und gläubig zu sein." Zu Hause bot Eddy Klöcker dem Mürringer Pfarrer Paul Kettmus seine Unterstützung in der Jugendarbeit an: die Geburtsstunde der örtlichen KLJ.
Die erste Arbeitsstelle nahm Klöcker beim Gitterrosthersteller Staco in Merlscheid bei Manderfeld, "wo ich ein sehr gutes Betriebsklima vorgefunden haben und wo ich angefangen habe, die Gewerkschaft aufzubauen."
Später wurde Eddy Klöcker von der Christlichen Gewerkschaft CSC zum Gewerkschaftssekretär und später zum Bezirkssekretär ernannt. "Das war eine enorme Herausforderung in den 70er Jahren, wo alleine in Verviers 16.000 Arbeitsstellen verloren gingen." Getragen wurde der Gewerkschafter von dem Leitspruch: "Mettre les gens debout - "Die Leute aufrichten", den er bei den Salesianern gelernt hatte.
Es folgten Initiativen wie die Konzertierte Aktion Nordeifel (KANE), die Schaffung von Industriezonen, der Aufbau der SOS Selbsthilfe oder der Alternative GoE.
Neben seinem politischen Engagement in der Altgemeinde Walhorn oder in der SeP waren es vor allem verschiedene Arbeitskämpfe, die Eddy Klöcker im Gedächtnis geblieben sind, allen voran beim Eupener Nadelwerk. "Dort waren zur besten Zeit über 400 Menschen beschäftigt und dann waren wir plötzlich mit Massenentlassungen konfrontiert." In der Rückschau ist Eddy Klöcker überzeugt, dass der Mutterkonzern Bekaert, der die Nadelfabrik nach dem Krieg übernommen hatte, den Betrieb Anfang der achtziger Jahre abstoßen wollte. "Mir liegt sehr am Herzen, der Öffentlichkeit zu sagen, dass nicht die Gewerkschaft und nicht Joseph Schumacher als Hauptdelegierter die Schuld an der Schließung tragen", vielmehr sei alles von langer Hand vorbereitet gewesen, glaubt Klöcker.
Seine gewerkschaftliche Laufbahn führte ihn bis auf die europäische Ebene nach Brüssel: "Da habe ich neun Jahre lang in der Fachgruppe Land- und Forstwirtschaft im europäischen Gewerkschaftsbund gearbeitet und dann bin ich, offen gesagt, durch eine demokratische Wahl entsorgt worden."
Plötzlich war Eddy Klöcker arbeitslos, eine Erfahrung, die ihn hin zur Kirche und zur Spiritualität geführt hat. Nach drei Jahren Arbeitslosigkeit wechselte der frühere Gewerkschafter sozusagen die Seiten und wurde für eine Arbeitgeberorganisation, die europäischen Lohnunternehmer, tätig - bis zu seinem 69. Lebensjahr.
Mit fast 76 Jahren (sein Geburtstag ist der 9. Juli) schaut Eddy Klöcker auf ein erfülltes Leben zurück: "Mir tut überhaupt nichts leid. Selbst der Verlust meines Arbeitsplatzes erscheint mir im Nachhinein wie eine Gnade: Ich habe erfahren, wie man in einer Reihe mit Arbeitslosen steht und seine Karte abstempeln lassen muss. Ich danke jedem, der mir geholfen hat."
Stephan Pesch
Interessante Biographie eines Mannes, dem sein gewerkschaftliches Engagement nicht gedankt wurde. Warum hat eine sogenannte christliche Gewerkschaft ihm keine Anstellung nach seiner Entlassung besorgt ? Das wäre ein Beweis der Solidarität gewesen. Die Schlussfolgerung kann daher nur lauten, dass es gefährlich ist, für eine Gewerkschaft zu arbeiten, weil die nicht in jedem Fall hinter ihren Arbeitnehmern steht. Die Gewerkschaften laufen Gefahr von der Bildfläche zu verschwinden, wenn sie ihre Strukturen nicht demokratisieren. Denn bis jetzt ist es ja so, dass die zahlenden Mitglieder (eigentlich Kunden) keinerlei Mitsprache haben, wie es etwa Mitglieder einer Krankenkasse haben. Es gibt keine Generalversammlung, wo sich die Gewerkschaftsvertreter gegenüber den Mitgliedern rechtfertigen müssen. Die belgischen Gewerkschaften sind immer noch nach dem Prinzip des "demokratischen Zentralismus" organisiert, dh die Zentrale bestimmt (wie bei den kommunistischen Parteien im Ostblock).
Und wo kann ich das Buch kaufen ?
Laut Auskunft von Eddy Klöcker ist seine Autobiografie in ostbelgischen Zeitschriften- und Buchläden erhältlich.