Nächste Woche Donnerstag erhält der französische Präsident Emmanuel Macron den Karlspreis zu Aachen. Das war am Donnerstag auch in Eupen Anlass, über Europa zu sprechen. Ein Europa, in dem Populisten immer stärker an Boden gewinnen, ein Europa, in dem auch die klassischen Medien in der Kritik stehen, die Sorgen der Bürger nicht angemessen abzubilden.
Im Rahmenprogramm der Karlspreisverleihung sind der ehemalige Leiter des ARD-Studios in Brüssel, Rolf-Dieter Krause, und der Politikwissenschaftler Kai Hirschmann nach Ostbelgien gekommen.
Kai Hirschmann ist unter anderem Dozent an der Uni Bonn und hat sich intensiv mit dem Nationalpopulismus beschäftigt. Der Nationalpopulismus ist gerade seit der Wirtschaftskrise vor zehn Jahren im Aufschwung. "Es müssen immer drei Faktoren zusammenkommen: eine krisenhafte Entwicklung, wie zum Beispiel bei der Finanzkrise 2008 oder bei der Zuwanderung von Geflüchteten 2014, und Ängste und Sorgen in der Bevölkerung. Das reicht aber nicht: Solange keine politische Kraft da ist, die in der Lage ist, das in einer alternativen Politik zu bündeln, wird das wieder verpuffen", erklärt Hirschmann.
"Erst wenn es eine glaubwürdige politische Alternative gibt, die die krisenhafte Entwicklung und die Sorgen und Ängste der Bevölkerung aufgreift und vermeintlich eine Lösung anbietet, erst, wenn diese drei Faktoren zusammenkommen, können wir damit rechnen, dass Nationalismus oder Populismus, Auftrieb erhalten", so Hirschmann im BRF-Interview.
Dass Europa, genauer gesagt die Europäische Union, bei vielen Bürgern inzwischen auf Skepsis stößt, habe sich die EU auch selbst zuzuschreiben, meint Rolf-Dieter Krause. Er hat für die ARD rund 20 Jahre lang über die EU in Brüssel berichtet.
"Europa hat das Vertrauen der Menschen zerstört, weil es manchmal eine zu große Klappe gehabt hat und unter die selbst gesteckten Zielen gelaufen ist, weil es falsche Erwartungen geweckt hat und weil es Menschen auch überfordert hat. Zum Beispiel der Wegfall der Binnengrenzen ohne einen wirksamen Schutz der Außengrenze", so Krause. "Die Enttäuschung sitzt inzwischen sehr tief."
"Ein weiterer Fehler ist, dass wir unsere Werte, die uns doch angeblich so wichtig sind, nicht richtig verteidigen. Wir haben heute in Europa Länder in einem Zustand, in dem sie nicht mehr Mitglied der EU werden können, weil die Justiz nicht unabhängig ist oder die Pressefreiheit nicht existiert, zum Beispiel Polen, Ungarn, die Slowakei oder Malta. Und wir haben keine Instrumente, um das zu korrigieren", meint Krause im BRF-Interview.
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