Die Aktion fand zeitgleich in Tongeren, Namur und Eupen statt.
In Eupen fanden sich zwischen 14 und 17 Uhr mehr als 170 Menschen ein, die im Hof der Polizeidienststelle an der Herbesthaler Straße vorstellig wurden. Beamte der Polizeizone Weser-Göhl nahmen die Anzeigen auf. Sie sollen zu einer Sammelklage zusammengefasst und dann der Staatsanwaltschaft übergeben werden. Die Behörde muss dann entscheiden, ob sie Ermittlungen aufnimmt.
Viele Atomkraftgegner waren aus Aachen nach Eupen gekommen - die meisten mit dem Fahrrad. Die Farben Schwarz und Gelb dominierten. Transparente mit Aufschriften wie "Stopp Tihange" oder "Sanfte Energien vor!" prägten die Kulisse. Eine der Initiatoren der Aktion "Strafanzeige gegen den Staat Belgien und den Tihange-Betreiber Engie-Electrabel" ist die Eupenerin Julie Vandegaar. "Klar ist das symbolisch", sagt sie im BRF-Interview, "aber wir hoffen, dass wir endlich mal eine Reaktion von der Politik bekommen. Weil bei der Menschenkette hat sich die Politik ja überhaupt nicht gemeldet."
Die Menschen sehen in den aus ihrer Sicht maroden Atomkraftanlagen in Tihange und Doel eine handfeste Bedrohung. Sie machen dafür den Betreiber und den Staat verantwortlich, die die Bürgerinnen und Bürger nicht ernst nähmen. Einer von ihnen ist der Präsident des Arbeitgeberverbandes der Deutschsprachigen Gemeinschaft AVED, Ludwig Henkes. Auch er erstattete Anzeige. Unterstützung erhält er von zahlreichen Gesinnungsgenossen auch aus dem Aachener Raum. "Es ist schon erstaunlich, wie vertrauensvoll wir gerade hier in Belgien mit dieser Thematik umgehen. Ich muss sagen, dass ich mich in den letzten Jahren nicht so intensiv damit beschäftigt habe und erst in der letzten Zeit damit angefangen habe, mich zu informieren."
Die Beamten der Polizeizone Weser-Göhl zeigten sich als Freunde und Helfer freundlich und umgänglich, hatten ihr Büro draußen im Hof des Kommissariats an der Herbesthaler Straße in Eupen aufgeschlagen. Polizist Daniel Baltus zum Procedere: "Wir haben mit der Staatsanwaltschaft vereinbart, dass wir eine Sammelklage aufnehmen. Das heißt, wir machen ein Protokoll und jeder Bürger, der hier seine Beschwerde abgibt, wir als geschädigte Person in diesem Protokoll aufgeführt."
Im Vergleich zu den Deutschen nehmen die Belgier ihre Kernkraftwerke und deren Mängel gelassener. Aber, auch hier im Land formiert sich langsam der Widerstand. Die zahlreichen Antiatomkraftorganisationen vor allem in Deutschland, aber auch in den Niederlanden erhalten immer mehr Unterstützung aus Belgien. Städte wie Lüttich oder Verviers haben Resolutionen verabschiedet, in denen sie sich für ein Abschalten von Tihange 2 und Doel 3 aussprechen. Auch die Anzeigenaktion, die von einem breiten internationalen Bündnis getragen wurde, hat deutlich gezeigt: Der Widerstand im Land wächst.
rs