Deutsch ist eine schwere Sprache – so heißt es immer wieder. Sei es die Groß- und Kleinschreibung, die Kommasetzung oder die vier Fälle – all das bringt auch den ein oder anderen Muttersprachler immer noch aus dem Konzept. Ein Experte auf dem Gebiet ist Bastian Sick. Vor vierzehn Jahren erschien das erste Buch von Bastian Sick. Und obwohl er dem Genitiv damit einen Gefallen tun wollte – so wirklich besser geht es dem zweiten Fall heute nicht. Für viele sei er altmodisch und gestelzt. Dabei könne der Genitiv Dinge und Personen in eine Beziehung setzen, die zu keinem Zeitpunkt missverstanden werden könnte, so Bastian Sick.
"Wenn es heißt 'Letzter Kritiker Putins erschossen', das wäre ganz klar", sagt Bastian Sick, "aber das trauen sich heute nicht mehr so viele, die schreiben 'Der letzte Kritiker von Putin erschossen', und in dem Fall machen sie Putin zum Täter - ungewollt. Und davon gibt es viele Beispiele." Der Genitiv könnte also das ein oder andere Missverständnis aus der Welt schaffen.
Der Auftritt am Montag war Sicks erster Auftritt vor belgischen Schülern. Zuvor hat er die Eupener Innenstadt erkundet und ist auch über den ein oder anderen typisch ostbelgischen Ausdruck gestolpert, zum Beispiel den Unterschied zwischen 'holen' und 'nehmen', der oft nicht gemacht wird: "Das Wort 'holen' ist häufiger zu hören als 'nehmen', und auch dort, wo es eben im Standardsprachlichen anders ist."
Auch für die häufig falsche Verwendung der Wörtchen "als" und "wie" in Ostbelgien hatte Bastian Sick eine Erklärung. Selbst die Aneinanderreihung beider Wörter konnte ihn nicht schocken, denn selbst ein großer deutscher Dichter machte es genauso: "Dass 'wie' für den Komparativ gebraucht wird, also 'ich bin größer wie du', das finden Sie in sehr vielen Gegenden in Deutschland, das ist ein Merkmal der Umgangssprache [...] 'als wie' ist die sogar auch bei Goethe zu findende Kompromissformel", so Bastian Sick.
Bastian Sick hat eine treue Leserschaft. Die schickt ihm regelmäßig Perlen aus der Lokalpresse oder aus Werbezeitschriften und anderen Anzeigen. Kennen Sie etwa belgiesische Himbeeren? Oder kokainhaltige Coca Cola? Oder bestellen sie schon mal Wasser ohne H2O? Alles Werbeanzeigen, die genau so wirklich existieren.
Die Schüler hat er mit seinen Wortwitzen zum Lachen gebracht. Und er hat sie ganz aktiv in sein Programm mit eingebunden. In einer kleinen Quizrunde mussten die Schüler ihre Deutschkenntnisse unter Beweis stellen. Céline und Annick von der PDS hat es gefallen: "Er hat relativ viele Scherze eingebaut und deshalb war es in keinem Moment langweilig, es war ziemlich unterhaltsam."
Beim Abschiedssong "Wie gut ist dein Deutsch" wurde am Ende in den hinteren Reihen sogar geschunkelt. Zeit für ein Gruppenfoto und das ein oder andere Selfie nahm der Autor sich dann auch noch.
Am Dienstag findet eine Lesung von Bastian Sick im Triangel in St. Vith statt. Unter dem Motto "Schlagen Sie dem Teufel ein Schnäppchen" präsentiert Sick Höhepunkte aus seiner 14-jährigen Arbeit. Beginn ist um 19:30 Uhr.
lo/est
« Holen » statt « nehmen in der Eupener Innenstadt ??? War Sebastian Sick in ein Nest von Exil-Mottessern geraten ?
"Exil-Mottesse"?
"Mottesse"?
Laut Hubert vom Venn "das Schimpfwort der Eupener für die ostbelgischen Eifeler."
Das klingt nach Verachtung des Städters für die angeblich eher ländlich geprägten "Hintervennler" (in Abwandlung von "Hinterwäldler"), aber auch nach Neid darauf, dass die in Eupen Karriere machen und den "Eingeborenen" die besten Jobs wegschnappen.
"Exil"?
"Der Begriff Exil [...] bezeichnet die Abwesenheit eines Menschen oder einer Volksgruppe aus der eigenen Heimat, die aufgrund von Ausweisung, Verbannung, Vertreibung, Ausbürgerung, Zwangsumsiedlung, religiöser oder politischer Verfolgung sowie unerträglicher Verhältnisse im Heimatland mit anschließender Auswanderung hervorgerufen wurde." (Wikipedia)
Also, die "Mottesse", die ich kenne, vermitteln mir nicht den Eindruck, im "Exil" zu leben...
"Holen statt nehmen"?
Dazu Bastian Sick: "Waren Sie schon einmal in Trier? Dort gibt es einiges zu entdecken und zu bestaunen, vor allem für jemanden, der sich für sonderbare sprachliche Phänomene interessiert. Denn die Trierer holen sich die Freiheit, ein paar Dinge anders auszudrücken."
Lieber Herr Schleck,
Es bereitet mir immer eine große Freude, wenn jemand auf meine Ironie mit gnadenlosem Bierernst reagiert. Als « Schmautbär » , der sich als Teil der ostbelgischen Diaspora in Luxemburg bestens « vergönnt », reagiere ich kaum noch darauf, wenn südlich des Venns grenzüberschreitend etwas « geholt » wird, was außerhalb des moselfränkischen Sprachraums meistens « genommen » würde, jedenfalls wenn man nicht die Füße dafür braucht .
Wie sagt der Trierer: Das Zeitwort nehmen kennen wir nicht, wir holen dafür holen...
Lieber Herr Tychon!
Es bereitet mir immer eine große Freude, wenn ich jemandem eine Freude mit meinen Kommentaren bereiten kann.
Das meine kleine Begriffsbestimmung nicht ganz so "bierernst" war, ist Ihnen wohl entgangen.
A propos "Schmautbär"! Das muss wohl eine Art Selbstgeisselung der Eupener sein. Die Bezeichnung ist "hinterm Venn" nahezu unbekannt und kaum gebräuchlich, außer vielleicht als Replik auf eben das mit den "Mottesse". Dort sind das ganz einfach "Ööpener".
Aber trotz allem, von "Mottes" zu "Schmautbär": Frohe Festage!