Jean-Louis Six hat am Donnerstag noch einmal die Schulbank gedrückt. Im Technischen Institut der Bischöflichen Schule hörte er aufmerksam zu, stellte Fragen und notierte. Er wollte das ostbelgische Ausbildungssystem kennenlernen.
Nach der Vorstellung der Bischöflichen Schule ging es in die Praxis. 800 Schüler werden hier unterrichtet. Beim Rundgang zeigte sich der Botschafter beeindruckt: "Das Unterrichtsmaterial ist supermodern. Die Schüler scheinen sehr motiviert zu sein und lernen Berufe mit Zukunft, wo es um Programmierung geht. Diese jungen Leute werden in der Wirtschaft gebraucht, vor allem im industriellen Bereich, wenn wir an die Robotisierung denken. Sie werden sehr gut ausgebildet sein."
Vom Modell des ostbelgischen Ausbildungssystems wollten die politischen Vertreter der Deutschsprachigen Gemeinschaft ihren Besucher überzeugen. Für sie ist der belgische Botschafter ein wichtiger Verbündeter, wenn es um die Erweiterung der Zusammenarbeit mit Luxemburg geht. "Uns verbindet viel mit Luxemburg, wir arbeiten in vielen Bereichen zusammen: Tourismus, Sozialbereich, Bildung. Der belgische Botschafter in Luxemburg kann uns in all diesen Belangen unterstützen", so Ministerpräsident Oliver Paasch.
Vor allem im bildungspolitischen Bereich will Ostbelgien noch enger mit Luxemburg zusammenarbeiten. Im Blick hat die Regierung den geplanten Technologiecampus. Ein 100-Millionen-Euro-Projekt, das den technischen Berufsunterricht mit der mittelständischen dualen Ausbildung und dem Holzkompetenzzentrum auf einem Campus vereinen will.
Das belgische Ausbildungssystem genießt in Luxemburg bereits einen guten Ruf. Allein die Bischöfliche Schule in St.Vith zählt rund 100 luxemburgische Schüler. Jährlich beteiligt sich das Großherzogtum mit bis zu einer Million Euro an der Ausbildung der berufsbildenden Schüler und Förderschüler. Auch der künftige Technologie-Campus scheint in Luxemburg auf Interesse zu stoßen.
"Ich bin erst seit sechs Monaten im Amt. Aber nach allem, was ich von den Verantwortlichen im Großherzogtum gehört habe, ist man im Großherzogtum an einer engeren Kooperation mit der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Unterrichtswesen und in der beruflichen Ausbildung interessiert. Ein Technologie-Campus würde sicher auch die Erwartungen und Hoffnungen der Luxemburger erfüllen", erklärte Jean-Louis Six.
Von einer engeren Zusammenarbeit mit Luxemburg versprechen sich die Ostbelgier einiges. Sie wird auch Thema bei der nächsten gemeinsamen Sitzung beider Regierungen sein, die in den nächsten Monaten in St.Vith stattfinden soll.
Michaela Brück