Mit nachgebauten Brauereifassaden, Kneipeninventar und jahrhundertealten Trinkspielen wird der Besucher eingestimmt auf das Thema Bier. Es ist nicht nur eines der beliebtesten Getränke der Welt, es zählt auch zu den ältesten Getränken, wie der historische Abriss zeigt.
Bierbrauen ist so alt wie die Menschheitsgeschichte, erklärt Prof. Frank Pohle, Leiter des Centre Charlemagne. "Sobald es schriftführende Hochkulturen gibt, haben Sie auch Quellen über Bier: etwa ein 4.000 Jahre altes Loblied des Liebenden an seine Angebetete oder die 5.000 Jahre alte Klage eines Vaters über seinen besoffenen Sohn aus Ägypten. Bier kommt in Quellen immer wieder mal vor."
Karl der Große soll gar nichts vom Bier gehalten und die Trunkenheit verabscheut haben. Direkt nach seinem Tod wurde Bier zum Heiltrank erhoben und war sogar während der Fastenzeit erlaubt. Im Mittelalter war das Bierbrauen Sache der Klöster. Das älteste urkundlich belegte Brauhaus in Aachen stammt aus dem Jahr 1171.
"Wer belgisches Bier trinkt, trinkt Chemie"
Die Ausstellung im Centre Charlemagne widmet sich aber schwerpunktmäßig dem 20. Jahrhundert. Sie erklärt die Bierherstellung ebenso wie die vielfältigen Sorten. Aachen war jahrhundertelang eine Stadt der Brauereien. "Es gab davon etliche. Noch um 1900 hatten wir 80 Brauereien in der Stadt, alle mit eigenem Ausschank. Das ist im Laufe des 20. Jahrhunderts deutlich zurückgegangen - zuletzt bis auf Null", erklärt Pohle. Als letzte stellte Degraa, die größte und wohl bekannteste Aachener Brauerei, 1989 den Braubetrieb ein. Gründe für den allgemeinen Rückgang waren die technische Entwicklung wie auch gesellschaftliche Aspekte.
Die Ausstellung wirft auch einen Blick auf die große belgische Brautradition, die bis auf das dritte Jahrhundert zurückgeht und heute 1.500 Biersorten aufweist. "Sie kennen vielleicht noch die Debatte um das deutsche Reinheitsgebot aus 80er Jahren. Das zielte ja vehement darauf, ausländische Bieranbieter vom deutschen Markt fern zu halten. Es gab mal die These: Wer belgisches Bier trinkt, trinkt Chemie. Davon ist man ja deutlich weg. Das belgische Bier ist inzwischen auch als immaterielles Welterbe anerkannt - und soweit ich das sehe, wird es auch im Aachener Raum gerne getrunken wegen der riesigen Vielfalt, die die belgischen Brauereien hervorbringen", so Pohle.
Aachen, Stadt der Brauereien und Kneipen
In den 70er Jahren hatte Aachen den Ruf, die größte Kneipendichte Deutschlands zu haben. Fotos und Videoinstallationen dokumentieren die Geschichte des Brauerei- und Kneipenlebens. "Wir haben dann das Kneipensterben erlebt - durch den Zug hin zum privaten Trinken und sicher auch durch die Entwicklung der Nichtraucherschutzgesetze. Eine Reihe von Szenelokalen hat in den letzten Jahren auch aufgegeben wegen der Lärmschutzauflagen, Brandschutzauflagen,... die dazu gekommen sind. Die Szene ist deutlich ausgedünnt, aber für eine Stadt unserer Größe immer noch sehr dicht."
Zu den Orten des Bierkonsums gehörten aber nicht nur die Kneipen. Die Ausstellung gewährt einen Einblick in das rituelle Trinken bei den Burschenschaften der Studenten, erzählt von Ausflugszügen, die an schönen Sommertagen bis nach Verviers fuhren und berichtet vom Bierkränzchen. Es war der Vorläufer des Kaffeekränzchens. Hatte eine Frau Bier gebraut, lud sie ihre Nachbarinnen ein, das neue Bier zu probieren. Beim Servieren trug sie ein Kränzchen auf dem Kopf.
Diese und mehr Geschichten rund ums Bier gibt es noch bis zum 25. Februar im Centre Charlemagne am Aachener Katschhof. Mehr über die Bierkultur erfährt man auch bei Führungen durch die Ausstellung und bei den "Beer Tasting Events". Termine gibt es auf der Webseite des Centre Charlemagne.
mb/mg