Januar 2013 auf einem Hof in Lontzen. Der Landwirt Nico Kessel beklagt zu strenge Auflagen durch Natura 2000 für das unter Schutz gestellte Grünland. Sein Vieh darf nicht vor dem 16. Juni auf die Weide hinter dem Stall. Ein Unding in der landwirtschaftlichen Praxis. Wie viele Bauern in Ostbelgien legt Nico Kessel Beschwerde bei der Erhaltungskommission von Natura 2000 ein.
"Das ist natürlich für gewisse Landwirte nur schwer zu ertragen, weil sie es gewohnt waren, auf diesen Flächen intensiver zu arbeiten. Wir haben sehr oft Situationen gehabt, wo die aktuelle Bewirtschaftung sowieso schon relativ extensiv war und es kein größeres Problem war. Wir haben aber auch häufig Situationen gehabt, wo wir es wirklich mit ertragreichem Grünland zu tun hatten und wo diese Auflagen für den Bewirtschafter einfach nicht akzeptabel waren", sagt Stephan Benker von der Forstdirektion Malmedy-Büllingen zu den Einsprüchen.
Mehr als 2.000 Einsprüche sind bei der Erhaltungskommission von Malmedy eingegangen - von insgesamt 676 Beschwerdeführern im ostbelgischen Einzugsgebiet. Ein Viertel davon waren landwirtschaftliche Fälle, "darunter natürlich auch Anfragen und Bemerkungen von Leuten, die gerne gehabt hätten, dass ihr Gelände mit in Natura 2000 hineingekommen wäre", erklärt Stephan Benker. "Das war aber eine kleine Anzahl, die meisten Beschwerden gingen schon dahin, dass die vorgesehenen Maßnahme zu stark waren und zu viele Einschnitte für landwirtschaftliche Betriebe bedeuteten. Es gab auch Personen, die das System nicht verstanden haben und nähere Informationen brauchten. Und in einigen Fällen gab es auch Leute, die kategorisch gegen Natura 2000 waren."
44 Versammlungen waren nötig, um alle Einsprüche zu analysieren - Fall für Fall. Vor allem die Einsprüche der Landwirte waren komplex und zeitaufwendig. Die Kommission hat sich entweder selbst mit den Beschwerdeführern getroffen oder eine Mediation durch die VoG Natagriwal veranlasst.
In 95 Prozent der Fälle habe man eine Lösung gefunden, so Benker. "In manchen Fällen war es einfach so, dass wir diese Flächen mit starken Auflagen runter gestuft haben und in Flächen zurückgestuft haben mit weniger oder fast keinen Auflagen. Das ist dann ein Kompromiss, der oft relativ einseitig war. Sehr häufig war es aber so, dass die Landwirte uns andere Flächen angeboten haben, bei denen sie keine Probleme mit strengeren Auflagen haben - teilweise auch Flächen, die noch gar nicht in Natura 2000 drin waren."
Auch für den Hof Kessel in Lontzen konnte ein Kompromiss gefunden werden, mit dem der Landwirt leben kann. Am dem 1. Januar 2018 treten die Bezeichnungserlasse für die Natura 2000-Gebiete in Kraft. Ab dann gelten die Auflagen und Maßnahmen, die der Gesetzgeber vorgesehen hat. Die Erhaltungskommission rechnet aber damit, dass vereinzelt auch wieder neue Probleme auftauchen, für die sie Lösungen suchen muss.
mb/mg
Die Landwirte sind diejenigen, durch die die Natura2000-Zonen am stärksten bedroht werden. Man gehe z.B. nach Thommen. 100 Meter oberhalb des Thommener Weihers ein industrieller Stall. Man muss mal schauen gehen, was da bei Regen alles den Berg heruntergeflossen kommt... Gesund und natürlich kann das nicht sein, schon gar nicht gut für die Flora/Faune im Bereich des Weihers. Anderenorts werden die Zonen dann strikt eingehalten, zu Lasten der Bevölkerung.