Olga Zrihen, die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, beruft sich bei ihren Aussagen auf die Staatsanwaltschaft von Lüttich. Zudem werden André Gilles und Stéphane Moreau beschuldigt, unerlaubt Einflussnahme auf die Justiz genommen zu haben.
Kurz vor Beginn der Untersuchungen im Zuge der Publifin-Affäre hatten sich die Publifin-Nethys-Verantwortlichen Gilles und Moreau krank schreiben lassen. Trotzdem hätten sie dann am 22. Februar Dokumente aus der Lütticher Publfin-Zentrale verschwinden lassen. Auch andere Publifin-Personalmitglieder seien dazu angehalten worden, Dokumente außer Haus zu schaffen. Andere Akten, die der Untersuchungsausschuss angefragt hatte, seien von Gilles und Moreau gefälscht worden.
Duchsuchungen bei Publifin und bei Nethys
Seit Donnerstagvormittag 11:00 Uhr wird der Hauptsitz von Publifin in Lüttich von der Staatsanwaltschaft durchsucht. "Es sollen alle Dokumente im Gesellschaftssitz beschlagnahmt werden, die zur Aufklärung dieses Dossiers beitragen können. Es sollen auch alle Telefongespräche identifiziert und analysiert werden, die zwischen den verschiedenen Verantwortlichen der Publifin-Gruppe stattgefunden haben", erklärt die PFF/MR-Abgeordnete im Wallonischen Parlament, Jenny Baltus-Möres.
"Außerdem soll überprüft werden, wer wann im Gesellschaftssitz vor Ort war und tatsächlich Dokumente, die der Untersuchungsausschuss angefragt hat, verschwinden oder fälschen lassen hat. Und der letzte Punkt ist, dass auch die Bankkonten der Publifin-Gruppe untersucht werden sollen."
Seit Donnerstagnachmittag wurden die Ermittlungen auf auf den administrativen Sitz von Nethys in Seraing ausgeweitet. Auch dort sind die Ermittler auf der Suche nach belastendem Material.
Baltus-Möres: Unterschiedliche Versionen von Dokumenten aufgetaucht
Laut Aussagen der ostbelgischen MR-Regionalabgeordneten Jenny Baltus-Möres gibt es Anzeichen, dass die Vorwürfe der Dokumentenfälschung gegen Publifin-Präsident André Gilles wahr sein könnten. Dem Untersuchungsausschuss lägen zum Beispiel zwei unterschiedliche Versionen eines Sitzungsprotokolls vor. Eine wurde dem Ausschuss von der Wallonischen Regirung zugestellt und die andere stammt von Publifin/Nethys. In dem Protokoll, dass eigentlich ein- und dasselbe sein müsste, gebe es kleine, aber nicht unerhebliche Unterscheide, so Baltus-Möres gegenüber dem BRF.
Sie betonte aber auch, dass diese Informationen mit Vorbehalt zu genießen seien. Allein die Staatsanwaltschaft und der Untersuchungsausschuss könnten im Rahmen ihrer Ermittlungen und Anhörungen herausfinden, ob es sich bei den zwei Versionen tatsächlich um einen Beweis für eine mögliche Dokumentenfälschung handele oder ob es andere Gründe für die Unterschiede gibt.
Zum Verhalten von Publifin-Präsident André Gilles bei der Anhörung am Donnerstagnachmittag sagte sie, es sei okay. Gilles gebe zwar teilweise ausweichende Antworten, aber zeige teilweise Einsicht über die Probleme bei der Interkommunalen und ihren Filialen.
André Gilles tritt zurück
Der PS-Politiker André Gilles zog vor dem Ausschuss zunächst für sich persönlich die Reißleine. Nach einer kurzen Vorstellung der Bedeutung von Publifin zum Wohle der Provinz und ihrer Gemeinden, kündigte er zum Monatsende seinen Rücktritt als Vorsitzender des Provinzkollegiums und als Publifin-Präsident an. Gilles setzt somit den Schlussstrich nach einer über 20-jährigen Karriere in der Provinz-Exekutive.
Im Untersuchungsausschuss des Wallonischen Parlamentes sagte Gilles unter Eid aus, dass er zum fraglichen Zeitpunkt nicht am Gesellschaftssitz gewesen sein könne, weil er krank im Bett gelegen habe.
Er bedauerte, was er "Publifin-bashing" nannte und sehe keinen Grund, sich für die geleistete Arbeit zu schämen. Er sei sich jedenfalls keines Regelverstoßes bewusst und habe auch nichts verschwiegen oder verschleiert.
Auch in einem Post auf seinem Facebook-Konto bestreitet Gilles, trotz seiner Krankmeldung am 22. Februar in der Lütticher Publifin-Zentrale gewesen zu sein. Zudem habe er weder Dokumente gefälscht noch Publifin-Mitarbeiter dazu angehalten, Akten verschwinden zu lassen. Damit weist André Gilles alle bislang öffentlich gewordenen Vorwürfe gegen seine Person zurück.
Im Verlauf der Anhörung richtete Gilles einen Appell zur Versachlichung der Debatte.
Nethys-Gruppe reicht Klage gegen Unbekannt ein
Vor dem Hintergrund der polizeilichen Ermittlungen gegen die Interkommunale Publifin möchte die Nethys-Gruppe Anzeige gegen Unbekannt erstatten. Das gab der Generaldirektor von Nethys, Stéphane Moreau bekannt.
Auch Moreau wies alle Anschuldigungen von sich. Er gab an, sich am 22. Februar nur "sporadisch" bei Nethys in der Rue Louvrex in Lüttich aufgehalten zu haben. Die Anschuldigungen seien anonym bei der Staatsanwaltschaft Lüttich eingegangen. Jemand versuche mit aller Kraft die Interkommunale zu zerschlagen, so der PS-Mann gegenüber der Tageszeitung Le Soir.
Insgesamt nahm die Anhörung am Donnerstagnachmittag einen ruhigen und sachlichen Verlauf - zweifellos auch ein Verdienst der Ausschuss-Vorsitzenden Olga Zhrien und der Abgeordneten. Allerdings konnte die Frage, wer für die horrenden Sitzungsgelder bei Publifin tatsächlich verantwortlich ist, nicht oder noch nicht geklärt werden, weil ethische Fragen, die öffentliche Entrüstung und die interne Funktionsweise der Interkommunalen immer neue Fragen aufwerfen, anstatt verlässliche Antworten zu liefern.
belga/soir/dop/rkr/ake/mg - Bild: Benoit Doppagne/BELGA
Beide lebten wohl seit geraumer Zeit in der Überzeugung: wozu Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit und Bescheidenheit?
Ich persönlich war ein Träumer! Habe zwischenzeitlich gelernt die Politik der PS ist tugendfrei!
Asche auf Ihr Haupt ... ! 😉 😉
Herr Klos, bin parteilos, voller Absicht, doch PS: NIE!
Der Sozialist A. Gilles tritt zurück? Wie der Liberale G. Pire vor einem Monat (mit 17 bezahlten Ämtern, mit einer Bezahlung von 310.000€ im Jahre 2015)?
Da ist aber bestimmt eine „Austrittsprämie“ fällig – oder? So ein kleines Trinkgeld, wie vor Jahren die 500.000€ für Happart, der noch immer Vizepräsident des Flughafens Bierset ist.
Und soll es denn wirklich nicht irgendeine wallonische Einrichtung, eine VoE geben, in der für diese armen Schlucker ein Mandat mit astronomischer Bezahlung erfunden wird? Der „Geheimbund“ aus Sozialisten, Liberalen, CdH/CSP und ECOLO, der seit Jahr(zehnte)n solche parteipolitischen Posten erfindet und säuberlich verteilt, war doch immer sehr kreativ und wird es auch bleiben. Die horrenden Gelder dienen ja via Abgaben auch der jeweiligen Parteikasse. Daran werden die Sozialisten, Liberalen, CdH/CSP und ECOLO im Untersuchungsausschuss auch nichts ändern – oder?
Gerhard Palm
Mürringen
Egal wie ehrlich man es jetzt meint und egal wie reumütig alle Beteiligten auch sein mögen, dieser Skandal ist ein Super Gau. Das Vertrauen in die Demokratie und die etablierten Parteien ist zutiefst erschüttert. Ein wahres "Geschenk des Himmels" für die PTB. Die reibt sich genüsslich die Hände und wartet seelenruhig auf die nächsten Wahlen.
Keine Angst Herr Scholzen.. Bis vor einigen Jahren galt noch der Spruch: Gott erhalte ins die Gnade der Vergesslichkeit. Die Vergesslichkeit hat dank intensiver Beschallung einen sicheren Platz in unser Restdenken eingenommen.
Oh, Herr Klos, toll ausgedrückt "Bescchallung einen sicheren Platz" .......
Publifin,Kasakgate, ELectrabel, Ores...??
Und täglich grüsst das Murmeltier!