"Postfaktisch": Das Wort des Jahres 2016 war auch in der Debatte am Donnerstag allgegenwärtig. Ministerpräsident Oliver Paasch (ProDG) hatte es als erster in den Mund genommen. Postfaktisch, das seien die Behauptungen des CSP-Abgeordneten Luc Frank. Der stelle falsche Behauptungen in den Raum, nur um die Regierung in ein schlechtes Licht zu rücken.
Mit Fakten habe das nichts zu tun. Es habe keine Sparmaßnahmen gegeben. Im Gegenteil: Der Bildungs- und der Sozialetat seien sogar erhöht worden. Und der ausgeglichene Haushalt 2018 sei kein buchhalterischer Trick, sondern die Folge von vorgezogenen Rückzahlungen und Investitionen, so Paasch.
Den Vorwurf Luc Franks, die DG stünde kurz vor der Pleite, ließ Paasch ebenfalls nicht auf sich sitzen. Das behaupte die CSP seit fünfzehn Jahren und das habe Paasch schon damals als Oppositionspolitiker nicht geglaubt. Das sei Populismus, und den solle Luc Frank lieber Michael Balter von Vivant überlassen. Der mache das besser, rhetorisch und postfaktisch.
Michael Balter sieht die Zukunft tatsächlich pessimistischer. Die Krisen werden kommen, und dann sei es vorbei mit ausgeglichenen Haushalten. Die basierten nämlich auf stetem Wachstum, das es aber nicht mehr geben werde.
"Glücksfall" für die Regierung
Ja, die Schulden seien mit über 300 Millionen Euro hoch. Dem stünden aber auch Investitionen in Höhe von 600 Millionen Euro gegenüber, gab Paasch zu. Er antwortete damit auf eine Kritik des Ecolo-Abgeordneten Freddy Mockel von Beginn der Woche. Der hatte auch von einem Glücksfall für die DG-Regierung gesprochen, da die Zinsen derzeit so niedrig seien. Und die würden steigen. Und dann sei es schnell vorbei mit ausgeglichenen Haushalten.
Gregor Freches von der PFF sieht steigende Zinsen nicht unbedingt als gefährlich an. Sie seien Ausdruck einer sich erholenden Wirtschaftslage. Und das bedeute für die DG höhere Einnahmen, die eine Zinserhöhung ausgleichen würden. Freches sieht nachhaltige Investitionen als Entlastung kommender Generationen.
Lambertz: "Richtiger Weg"
Auch DG-Gemeinschaftssenator Karl-Heinz Lambertz (SP) sieht die Regierung auf dem richtigen Weg. Die Finanzpolitik zeuge von Kontinuität und die Infrastrukturpolitik sei vorausschauend. Ja, man habe auch zweimal Glück gehabt: beim Lambermont-Abkommen zu Beginn des Jahrtausends und bei der Refinanzierung für die neuen Zuständigkeiten im Rahmen der sechsten Staatsreform im letzten Jahr.
Diese sieben Millionen Euro waren übrigens Thema mehrerer Interventionen am Abend. Die CSP fühlte sich von Paasch um ihren Beitrag am Verhandlungserfolg betrogen. Sie hätten die flämischen Kollegen von der CD&V dazu gebracht, für die Refinanzierung zustimmen.
Paasch betonte den Beitrag des CSP-EU-Abgeordneten Pascal Arimont und die Tatsache, dass sich sowohl Flamen als auch Wallonen mit eigenen Refinanzierungsforderungen zurückgehalten hätten, um die Mitel für die DG zu ermöglichen. Beides Regierungen mit christdemokratischer Regierungsbeteiligung.
Franziska Franzen tritt zurück
Die Ecolo-Abgeordnete Franziska Franzen tritt zurück. Das gab die Oppositionspolitikerin Donnerstagabend im Parlament überraschend bekannt. Es ist Zeit für einen Generationswechsel bei Ecolo, sagte die 63-Jährige.
Franzen ist seit 2009 Mitglied des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft und war dort bis 2014 Ecolo-Fraktionsvorsitzende. Parlamentspräsident Alexander Miesen bedankte sich für ihr jahrelanges Engament und bezeichnete Franzen als Gallionsfigur der ostbelgischen Grünen.
Volker Krings - Foto: Eric Lalmand/BELGA