Der Haushalt der Deutschsprachigen Gemeinschaft für 2017 soll historisch werden. Nicht weil er mit einem geschätzten Minus von 36,2 Millionen Euro abschließt, sondern weil es der letzte defizitäre Haushalt in dieser Haushaltsperiode sein soll - und dies auch dauerhaft über 2018 hinaus. So formulierte es der PFF-Sprecher Gregor Freches am Montagabend im Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft, wo der sogenannte Haushaltsmarathon gestartet ist.
Trotz der Ankündigung, ab 2018 solle der Haushalt der DG dauerhaft im Gleichgewicht sein, gab es schwere Kritik der Opposition.
Die DG steht irgendwo im Nirgendwo - so sieht es der CSP-Sprecher Luc Frank. Der angekündigte Haushaltsausgleich 2018 komme im Wesentlichen durch einen Buchhaltungstrick zustande, da die Raten für das PPP-Schulbauprojekt 2018 und 2019 schon in den Jahren 2016 und 2017 gezahlt werden. Nur durch diese zusätzliche Überschuldung könne der Haushalt 2018 ausgeglichen sein, so Frank. Er bezweifle sogar, dass Investitionen in das mittelständische Ausbildungszentrum St. Vith oder das Bauvorhaben der Maria-Goretti-Schule in St. Vith realisiert werden können.
Für Ecolo-Mandatar Freddy Mockel profitiert die DG-Regierung zur Zeit vom Glück historischer Niedrigstzinsen. Ministerpräsident Paasch solle deshalb nicht so tun, als liefere er eine finanztechnische Meisterleistung ab. Zudem würden Probleme und Engpässe im Infrastrukturbereich ohne jegliche Lösungsansätze auf die nächste Legislaturperiode verschoben und obendrein ein weiteres PPP-Projekt angekündigt.
Belgiens Staatsschuld steigt, obwohl kaum ein Land mehr Steuern und Abgaben von seinen Bürgern verlangt, erklärte Vivant-Sprecher Michael Balter. Die DG werde vom Föderalstaat mit enormen finanziellen Ressourcen ausgestattet. Aber leider gehe man auch in der DG nicht gewissenhaft mit dem anvertrauten Geld um - im Gegenteil. Die Ära Lambertz werde noch lange zu Nachwehen führen und aus den Fehlern der Vergangenheit habe man in der Regierung nichts gelernt, so Balter wörtlich.
Im Parlament gab es am Montagabend aber auch noch drei weitere interessante Themen, die nicht direkt mit dem Haushalt zu tun haben.
Aus für ein Erfolgsrezept
Das "IZOM-Abkommen" zur grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung steht vor dem Aus. Das bestätigte Gesundheitsminister Antonios Antoniadis nach einer Interpellation der Abgeordneten Evelyn Jadin. Durch das IZOM-Abkommen konnten Ostbelgier eine Behandlung im Ausland in Anspruch nehmen und rückerstatten lassen.
In der Zwischenzeit sind alle deutschen Krankenkassen, mit Ausnahme der AOK (Rheinland/Hamburg) vom "IZOM"-System abgesprungen. Zu viele Ostbelgier nahmen das Angebot in Anspruch. Dadurch war der Verwaltungsaufwand nach Ansicht der deutschen Kassen zu sehr gestiegen.
Entscheiden ist aber die ablehnende Haltung des Landesinstituts für Kranken- und Invalidenversicherung, LIKIV. Dieses führt mehrere Gründe für das Ende des IZOM-Abkommens an. Dazu zählen laut Antoniadis auch die Proteste ostbelgischer Gesundheitsdienstleister. Demnach beschwerten sich nicht nur Ärzte und Paramediziner sondern auch die Krankenhäuser von Eupen und St. Vith, die das IZOM-Abkommen als eine Wettbewerbsverzerrung bezeichnen.
Inzwischen wird über eine Alternative nachgedacht, die auch weiterhin Sonderregelungen für Patienten im Grenzgebiet vorsehen soll, so der Gesundheitsminister. Ob für die erste Jahreshälfte 2017 eine Übergangsphase in Kraft treten kann, hängt demnach von der AOK-Rheinland-Hamburg ab.
Probleme im Unterrichtswesen
Im Rahmen der Haushaltsdebatten sprach Pro-DG-Parlamentarier Freddy Cremer Probleme im Bildungswesen an. Dabei ging es unter anderem um Französisch als Fremdsprache. Trotz zahlreicher Maßnahmen zur Förderung der Erlernung der ersten Fremdsprache, habe sich das Französisch-Niveau im Primarschulbereich verschlechtert. Das haben Tests ergeben, die seit 2007 alle zwei Jahre durchgeführt werden. Nun bedürfe es einer gründlichen Analyse.
Eine weitere Herausforderung besteht laut Cremer im Lehrermangel. Laut Arbeitgeberverband wird sich dieser "unausweichlich negativ auf die Qualität des Unterrichts, der Schüler und des Ausbildungs- und Arbeitsstandortes der DG auswirken".
Auch die Tatsache, dass in den Betrieben der DG 115 Lehrstellen unbesetzt geblieben sind, zeigt einen großen Handlungsbedarf, so Cremer.
Geht es auch einfacher?
Zuletzt noch ein bemerkenswerter Wunsch von Ecolo-Parlamentarier Freddy Mockel. Die Autonomie der Deutschsprachigen Gemeinschaft sei mittlerweile so umfassend, dass sich eine ganz neue Frage ergibt. Wie steht es in der DG mit der Autonomie gegenüber der DG, also für den Einzelnen, für Organisationen, Vereinigungen und für die Gemeinden. Für Ecolo scheint es an der Zeit zu sein, Verwaltungsabläufe und Ausführungserlasse auf den Prüfstand zu stellen.
Die Haushaltsdebatten im Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft werden am Dienstag um 17:00 Uhr fortgesetzt. Am Donnerstag findet die Abstimmung über die Haushaltsverabschiedung statt.
Manuel Zimmermann - Bilder: Julien Claessen (BRF)/Francoise Peiffer (BELGA)
Da wird einem einfach nur Angst und Bange. Selbst mit dem Vorsatz, die Dinge positiv zu sehen und keine Schwarzmalerei zu betreiben, kann man die Entwicklung nicht verkennen: der Verwaltungsapparat, sei es auf kommunaler, gemeinschaftlicher, regionaler, föderaler oder EU - Ebene wird immer größer, aufwendiger und teurer! Das Ergebnis: es gibt wieder mehr Grenzkontrollen, Mautgebühren pro Land und immer weniger - seit Jahren selbstverständlich - übergreifende Kooperationen. DANKE POLITIK, in diesem Fall: Danke Herr Antoniadis, schön das sie da sind.
Es entsteht immer mehr der Eindruck, das man sich nur eines sicher sein kann: der Karren wird unwiderruflich in den Dreck gefahren und das wird einem selbst dann noch - hübsch verpackt - als Erfolg verkauft.