Nach einjähriger Pause wird es Mitte Oktober wieder ein Internationales Theaterfest in St. Vith geben. In dem kleinen Videotrailer wimmelt es nur so von Menschen und ... Stühlen.
"Nehmen Sie Platz!" lautet die Aufforderung - und das ist nicht nur im wörtlichen Sinne gemeint, erklärt Line Lerho, die künstlerische Leiterin des Theaterfestes. "Platz nehmen ist für uns auch weiter gedacht in dem Sinne von: Platz nehmen in unserer Gesellschaft, Platz nehmen als Einzelner für eine Gruppe, für eine Gesellschaft."
"Und das im Zusammenhang mit dem Thema des TheaterFests: 'gemeinsam', wo das 'einsam' auch zum Vorschein kommt. Uns interessiert in dieser Theaterfest-Woche: Was ist die Rolle des Einzelnen? Was ist die Verantwortung des Einzelnen für die Gemeinschaft, für die Gesellschaft?"
Mit diesem Thema setzen sich unterschiedlichste Produktionen aus Belgien, Deutschland, Frankreich und Österreich auseinander, in deutscher, französischer und auch niederländischer und englischer Sprache oder ohne Worte - eben mit den Mitteln des Theaters. "Es gibt Tanz, es gibt politisches Theater, es gibt humorvolles Theater - es gibt aber auch ein sehr reiches Angebot für die Schulen, mit viel Witz, mit Tanz und Zauberei."
Suche nach Partner blieb erfolglos ...
Im vergangenen Jahr war St. Vith "theaterfestlos", wie es die Leute von Agora beschreiben. Sie hatten sich auf die Suche gemacht nach einem Veranstaltungspartner, der den organisatorischen Teil übernimmt, während sie sich eigentlich auf ihr Kerngeschäft, nämlich die Produktion von Stücken konzentrieren wollten.
"Wir haben jetzt zwei Jahre Zeit gehabt, über ein neues Theaterfest-Konzept nachzudenken und habe diese Zeit auch genutzt, um mögliche Partner zu finden. Das ist uns leider nicht gelungen", sagt Kurt Pothen, der künstlerische Leiter des Ensembles.
"Aber wir haben sehr hart und intensiv daran gearbeitet, wie wir das Theaterfest hier überleben lassen können und sind zu der Entscheidung gekommen, dass wir 2016 ein Theaterfest in Eigenregie machen werden. Wir müssen sehen, wie es sich weiter entwickelt."
Mitentscheidend dafür, das Theaterfest in diesem Jahr in Eigenregie auszurichten, war der Wunsch, an dem festzuhalten, was es ausmacht. "Dass es ein Ort der Begegnung ist, ein Ort, wo das deutschsprachige Theater auf das französischsprachige Theater trifft, dass wir sehr großen Wert darauf legen, dass sich die Menschen begegnen in dieser Woche", sagt Kurt Pothen.
"Das heißt, dass die Zuschauer nicht nur das Theater sehen können, sondern auch die Theatermacher kennenlernen können, dass die Theatermacher sich begegnen können und austauschen können über ihre Arbeit. Und dass wir internationale Beobachter eingeladen haben, die als Kulturvermittler über das Theaterfest hinaus fungieren können."
... aber es gibt neue Kooperationen
Neu ist die strukturelle Zusammenarbeit mit Organisationen, die einen gleichen gesellschaftspolitischen Anspruch verfolgen wie Agora. Stellvertretend genannt seien hier die Frauenliga, die beim Theaterfest eine Kleidertauschbörse organisiert, oder die Energiegenossenschaft "Courant d'Air".
Neben theaterpädagogischen Angeboten gibt es Workshops, in denen es darum geht, Stimme und Körper oder auch Gedanken zu bewegen. Oder auch den Raum: "Seit einigen Jahren ist es uns wichtig, beim Theaterfest das Foyer ganz anderes zu gestalten. Und in diesem Jahr gibt es offene Angebote, da auch mit anpacken zu können."
Was die Eintrittspreise angeht, versucht Agora beim Theaterfest im Sinne des gesellschaftpolitischen Ansatzes ein solidarisches Experiment. "Da bieten wir fünf Preise an: zwei, sieben, zwölf, 17 und 22 Euro. Jeder Zuschauer darf entscheiden, wie viel er geben möchte für den Theaterbesuch." Neben der Wertschätzung soll das gleichzeitig auch allen einen Zugang zum Theater ermöglichen - ohne komplizierte Ermäßigungstarife.
Das 28. Internationale Theaterfest geht vom 18. bis zum 23. Oktober im und am St. Vither "Triangel" über die Bühne.
Stephan Pesch - Bilder: Gilles Destexhe, Clemens Nestroy, Stephan Pesch