Die Verleihung des europäischen Dorferneuerungspreises findet traditionell im Siegerdorf des letzten Wettbewerbs statt. 2014 war das Tihany. Das Dorf liegt auf der gleichnamigen Halbinsel am Plattensee in Ungarn und lebt bis heute von seiner reichhaltigen Geschichte. In der der barocken Abtei über dem Dorf liegt der fünfte Ungarische König, Andreas I. begraben, der das Dorf um das Jahr 1055 begründete. Außerdem bietet die Insel zahlreiche Naturschätze und einen Ortskern aus historischen Bauernhäusern, die traditionell aus Ried und Schilf erbaut wurden.
Im Fokus beim europäischen Dorfwettbewerb steht die ländliche Entwicklung, also zum Beispiel die Förderung von Nachhaltigkeit, Gemeinschaftsleben, sowie der Kultur und Geschichte des Ortes. Die Herausforderungen für die Dörfer sind dabei unterschiedlich. In Tihany ging es unter anderem darum, die Abwanderung der jungen Generation in die Städte zu verhindern.
Kettenis: "Überdurchschnittlich stark ausgeprägte Identität"
"Es geht immer darum, den Spagat zu schaffen zwischen dem Traditionellen - der Pflege dessen, was Identitäten ausmacht - und dem 'Sich-öffnen' und attraktiv zu werden für Menschen mit anderen Lebenskonzepten - vor allen Dingen auch für junge Menschen, die etwas anderes suchen, als diejenigen, die jenseits der 70 sind", erklärt Theres Friewald-Hofbauer, Geschäftsführerin der Europäischen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung.
Dass Tihany diese Herausforderung annimmt, wird am Wochenende der Preisverleihung schnell deutlich. Das Programm ist gespickt mit Folklore und Traditionen, an denen sich auch die jüngeren aus dem Dorf beteiligen. Die Preisverleihung selbst findet in einem Hotel außerhalb des Dorfes statt. Sieger in diesem Jahr ist das Tiroler Dorf Fließ, dass seine eigenen Traditionen nach Ungarn importiert hat.
Und auch Kettenis wird ausgezeichnet. "Kettenis in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens zeichnet sich durch eine überdurchschnittlich stark ausgeprägte Identität als Ortsteil einer größeren Stadt bei gleichzeitiger Offenheit für das Zusammenwirken in dieser größeren kommunalen Einheit aus", so die Begründung der Jury.
"Froh, dass wir diese Erfahrung machen durften"
Im Mittelpunkt des Programms steht der Austausch zwischen den Dörfern. Deshalb hat im Anschluss an die Preisverleihung jedes Dorf die Gelegenheit, sich vorzustellen. Beim Jahrmarkt der Dörfer liegt Eupener Schokolade neben anderen Spezialitäten aus ganz Europa und schnell finden sich neue Kontakte zwischen den angereisten Delegationen.
Dass sich die Teilnahme am Wettbewerb gelohnt hat, merkt man den Kettenisern an. "Es hat uns sehr gut gefallen und es hat die Gruppe sehr zusammen geschweißt. Man merkt, was man an jedem einzelnen Mitglied hat. Jeder bringt irgend etwas Anderes ein. Ich glaube, wir sind alle sehr sehr froh, dass wir diese Erfahrung machen durften und uns mit anderen austauschen durften. Wir sehen, dass andere Dörfer ähnliche Probleme haben und wie sie das gemeistert haben", erklärt Christel Stoffels von der Dorfgruppe Kettenis.
2018 wird der europäische Dorferneuerungspreis das nächste Mal verliehen. Auch dafür wird wieder ein Teilnehmer aus der DG gesucht.
ake/mg - Bild: anne Kelleter/BRF