Jean de Cordt sieht man seinen Adelstitel quasi an: "Ritter" Jean de Codt wirkt besonnen und ehrwürdig. Er gilt als ein Mann, der jedes Wort auf die Goldwaage legt. Das muss er wohl auch - in seiner Eigenschaft als Erster Präsident des Kassationshofes.
Wenn ein solcher Mann vom Leder zieht, dann verfehlt das seine Wirkung nicht. Und genau das hat Jean De Codt am Wochenende in der RTBF-Fernsehsendung "Les décodeurs" getan: "Wenn ein Staat seine Justiz verkommen lässt, dann hört er auf, ein Rechtsstaat zu sein, dann entwickelt er sich zum Schurkenstaat", sagte de Cordt.
Das hat gesessen. Die Wortwahl hätte wohl drastischer nicht sein können. Und man darf davon ausgehen, dass de Codt sich dessen durchaus bewusst ist. Wenn er so etwas sagt, dann weil er es genau so meint. Die Situation in den Gefängnissen des Landes sei doch nur ein Symptom einer Krankheit, die längst die ganze Justiz befallen habe, sagt de Codt. Überall werde blind gespart.
Die Gefängniswärter hätten im Grunde dieselben Sorgen wie der Rest des Justizwesens, sagt Jean de Codt: schlechte Arbeitsbedingungen, gepaart mit einem drastischen Mangel an Personal. Für die Richter bedeute das, dass sie irgendwann in die Situation kommen, nicht mehr Recht sprechen zu können. Und damit verlasse Belgien eben auf Dauer den Weg eines Rechtsstaates.
"Den politisch Verantwortlichen ist einfach nicht klar, dass sie dem Staat in seiner Gesamtheit schaden: Justiz und Staat, das sind die zwei Seiten einer Medaille", sagt Jean de Codt, der ein geradezu TV-gerechtes Beispiel bringt: "Wenn ich ein Blatt zerreiße, dann zerreiße ich die Vorderseite, aber eben auch die Rückseite."
Kein Wunder also, dass Zeitungen wie La Libre Belgique Schlagzeilen bringen wie "Die Magistratur probt den Aufstand". Zumal schon vor einigen Tagen Berufsverbände mit einem Streik gedroht hatten: Richter und Staatsanwälte, die die Arbeit niederlegen - das wäre das erste Mal in der 186-jährigen Geschichte des Landes.
Geens: "Das war deplatziert"
Der, an den sich dieser ganze Groll richtet, kann das alles indes so gar nicht verstehen. "Fangen wir mal bei der Wortwahl an", sagte Justizminister Koen Geens am Morgen in der RTBF: "Die Worte, die der Erste Präsident des Kassationshofes da in den Mund genommen hat, also das ist schon starker Tobak. Niemand wird gerne als Schurke betitelt, das war schlichtweg deplatziert", sagte Geens.
Aber auch inhaltlich sei die Kritik der Magistrate nicht nachvollziehbar, sagt Geens. Diese Regierung lasse die Justiz nicht verrotten, ganz im Gegenteil. Wir tun alles, um der Justiz ihre Arbeit zu erleichtern, und das auf allen Ebenen. "Ich habe noch nie so viel gearbeitet", sagt Koen Geens, "und ich habe auch noch nie so oft und so systematisch die Betroffenen angehört."
Ganz klar: Geens fühlt sich, und mit ihm die Regierung, ungerecht behandelt. Und dann doch noch eine kleine Retourkutsche: Er habe den Eindruck, dass die Magistrate auch nicht immer so gut informiert sind. Sie wissen gar nicht, was wir so machen und beschließen, sagt Geens.
Abgesehen davon bleibt der Justizminister aber demonstrativ ruhig und besonnen. Er will augenscheinlich eine Schlammschlacht vermeiden. "Ab jetzt sollten aber alle Beteiligten ihre Wortwahl pflegen und sich in Zurückhaltung üben", mahnt Geens.
Zwar geben sich beide Seiten weiter dialogbereit. Man wird aber den Eindruck nicht los, dass zwischen der Politik und der Justiz - also Eckpfeilern einer Demokratie - ein Krieg nur noch eine Frage der Zeit ist. Wenn er nicht schon begonnen hat.
Roger Pint - Bild: Dirk Waem/Belga
"Y a que la vérité qui blesse" nicht wahr Herr Geens?
Aha und unsere Justiz funktionniert mit Windows 98, weil Koen Geens Geld für den gebeutelten Sektor aufgetrieben hat - 700 Millionen verweigern aber Antiquitäten als Informatikinstrument verwenden das ist die Logik unserer Regierung - Schade das die Justiz, solche nicht mehr auf's Schaffot oder den Scheiterhaufen schicken kann - vielleicht wäre rädern auch ganz nett