Um 9:11 Uhr explodierte an jenem unseligen 22. März die Bombe in der Metrostation Maelbeek - und dann brach die Hölle los. Diese tragischen Ereignisse standen also im Mittelpunkt der Anhörungen des Untersuchungsausschusses, nachdem man ja am Montag die Lage am Landesflughafen am Tag der Anschläge analysiert hatte.
Und die Aussagen der Vertreter der Rettungsdienste gleichen sich. Der allgemeine Tenor: Es war das nackte Chaos, aber wir haben die Situation im Großen und Ganzen gut meistern können.
STIB: Kein spezifischer Notfallplan im Falle eines Terroranschlags
Dabei musste Eric Buslot, der Präventionsbeauftragte der STIB, zunächst einräumen, dass die Brüsseler Nahverkehrsgesellschaft nicht über einen spezifischen Notfallplan im Falle eines Terroranschlags verfügt. Vielmehr sei es so: Die STIB habe einen allgemeinen Notfallplan. Der werde in dem Moment aktiviert, wenn ein Problem auftritt. Und ob das nun ein Brand oder ein Anschlag ist, die Reaktion sei immer die gleiche.
Der eigentliche Fokus lag aber ganz anderswo. Vor allem eine Frage geisterte von Anfang an durch den Sitzungssaal, nämlich: Hat es einen Befehl zur Räumung der Metro gegeben. Von wem kam diese Anordnung, bzw. wer ist überhaupt für eine solche Entscheidung zuständig?
Als erster wurde der Präventionsbeauftragte Eric Buslot von der STIB angehört. Und der erklärte klipp und klar: Seines Wissens nach habe die STIB nicht den Befehl bekommen, die Metro zu schließen. Das widerspricht den Angaben des föderalen Innenministers Jan Jambon. Der hatte schon kurz nach den Anschlägen erklärt, dass um 8:50 die Order gegeben worden sei, die Metro zu evakuieren...
Also, es sei so gewesen, sagt der Präventionsbeauftragte: Quasi nur Sekunden nach der Explosion der Bombe habe der Hauptgeschäftsführer der STIB die Anordnung erteilt, das gesamte Netz zu schließen und zu evakuieren...
Kommunikationsprobleme: Räumungsbefehl nie angekommen
Also: Hat es tatsächlich dann doch vor dem Anschlag keine Order gegeben, die U-Bahn zu evakuieren? Hier muss man ein wenig vorgreifen. Später musste nämlich Jo Decuyper, der Chef der Eisenbahnpolizei einräumen, dass er um 9:07 eine Mail bekommen habe, die eben diese Anordnung enthielt. Diese Mail sei aber leider in seiner privaten Mailbox gelandet. Die konsultiere man aber nicht in dem Moment, wo man einen Krisenstab leite.
Was im ersten Moment vielleicht wie ein Skandal klingt, ist im Grunde nachvollziehbar: Den Befehl zur Räumung der Metro, den darf man eigentlich nie und nimmer per E-Mail kommunizieren - geschweige denn auf die private Mailbox eines Verantwortlichen. Wenn man will, dass die Botschaft ankommt, dann spricht man persönlich mit dem Adressaten.
Hinzu komme aber, sagte Decuyper: Die Mail sei - wie gesagt - um 9:07 eingegangen. Innerhalb von vier Minuten hätte man aber nie und nimmer das komplette U-Bahnnetz evakuieren können. Da gebe es keinen magischen Knopf, den man nur zu drücken brauche.
In jedem Fall wurde hier schon deutlich, dass es da ein doch schwerwiegendes Kommunikationsproblem gegeben haben muss. Es hat also einen Räumungsbefehl gegeben, nur ist der nie angekommen... Mal ganz davon abgesehen, dass sich die verschiedenen angehörten Zeugen nicht wirklich darüber einig waren, wer denn jetzt befugt ist, einen Räumungsbefehl zu erteilen.
Wer ist zuständig?
Darüber entscheidet die Notrufzentrale, sagte Eric Buslot von der STIB. "Das höre ich zum ersten Mal", sagte aber Jean-Paul Labruyère von der angeblich zuständigen Notrufzentrale.
Fast schon zynisch wirkte da die Gegenfrage, die der Präventionsbeauftragte der STIB in den Raum stellte: Nehmen wir mal an, die erste Bombe wäre in der Metro explodiert. Hätte man infolgedessen denn auch den Flughafen geschlossen?
Wer ist für was zuständig? Wenn das schon die Verantwortlichen nicht wissen, dann darf man doch behaupten, dass es da ein handfestes Problem gibt. Hier zeigt sich also schon, dass der Untersuchungsausschuss durchaus seine Existenzberechtigung hat.
Roger Pint - Bild: Dirk Waem (belga)