Es war die erste wirkliche Sitzung des Untersuchungsausschusses. Die Kommission soll ja die Anschläge vom 22. März durchleuchten, inklusive der Vorgeschichte. Bevor sich die Abgeordneten mit den möglichen Ermittlungspannen beschäftigen, wollte man aber sozusagen "bei den Opfern" anfangen, genauer gesagt mit der Frage, ob die Rettungsdienste schnell und effizient gearbeitet haben. Angehört wurden also Leute aus der gesamten, nennen wir es mal, "Befehlskette", vom Provinzgouverneur bis hin zum Koordinator auf dem Terrain.
Eigentlich, so hatte man gedacht, war das das ideale Einstiegsthema. Bis dato hatte es nämlich keine wirkliche Kritik an den Rettungskräften gegeben. Bis Cécile Jodogne kam. Die DEFI-Politikerin ist Staatssekretärin in der Region Brüssel, zuständig für die Rettungsdienste. Und die behauptete in einem Presseinterview, dass es durchaus Pannen und Unstimmigkeiten gegeben habe.
Konkret: Anscheinend hätten die Retter am Landesflughafen in Zaventem irgendwann Verstärkung beantragt, die sei ihnen aber nicht gewährt worden... Adressat der Kritik war die Notdienstzentrale von Löwen. Die habe viel zu zögerlich und erst nach mehrmaligen und nachdrücklichen Anfragen Verstärkung bewilligt.
"Es gab ausreichend Rettungskräfte und -material"
Das erste Dementi kam von Lode De Witte, Provinzgouverneur von Flämisch-Brabant. In dieser Eigenschaft war der SP.A-Politiker für die Koordination des Katastrophenplans zuständig. Dessen Reaktion auf die Kritik war klar und deutlich: "Es gab ausreichend Rettungskräfte und -material", sagte De Witte. Und er konnte sogar einen Kronzeugen zitieren: Sogar die föderale Gesundheitsministerin Maggie De Block habe in einem Schreiben vom 1. April bestätigt, dass den Helfern ausreichend Mittel zur Verfügung gestanden hätten.
Der Mann, an den sich die Kritik aber in erster Linie gerichtet hatte, das ist Erik Engels. Engels ist Leiter der 112-Zentrale in Löwen. Und der gab sich regelrecht schockiert: Die Vorwürfe hätten ihn und sein Team tief getroffen. Alle seine Leute hätten unter diesen schwierigen Bedingungen ihr Bestes gegeben - und was er da in der Presse gelesen habe, das stimme einfach nicht.
Wenn's denn wirklich so war, dass nicht immer gleich Verstärkung bereitstand, dann gebe es Gründe dafür, führte Engels aus. Es sei nämlich so, dass jede Einsatzzentrale immer ein gewisses Kontingent an Fahrzeugen und Material zurückhalten müsse, eben für den Fall, dass es noch andere Einsätze gibt. Genauso hat auch die Einsatzzentrale in Brüssel agiert, was sich ja als absolut richtig erwiesen hat, unterstrich Gouverneur De Witte: Hätte Brüssel alle verfügbaren Kräfte nach Zaventem geschickt, dann hätten die eine Stunde später in der Hauptstadt gefehlt, als die Bomben in Maelbeek explodierten.
Schließlich wurde der Vorwurf dann definitiv vom Tisch gefegt, und zwar von einem, der es wissen muss: Eric Mergny vom Militärkrankenhaus Neder-over-Heembeek war Chef-Koordinator der Rettungskräfte in Zaventem. Und der sagt klipp und klar: "Zu keinem Zeitpunkt hatte ich zu wenig Leute oder zu wenig Material."
Funknetze streckenweise vollständig versagt
Und der Mann muss es wissen, waren sich denn auch die meisten Parlamentarier einig. Im Großen und Ganzen habe alles den Umständen entsprechend gut funktioniert, so das allgemeine Fazit. Mit einer Ausnahme: Die Telekommunikations- und Funknetze haben streckenweise vollständig versagt. Das bestätigte auch Chef-Koordinator Mergny. Wenn ein Problem gibt, dem man nachgehen muss, dann ist es da, resümierte auch der MR-Abgeordnete Richard Miller. Nicht nur, dass die Menschen ihre Angehörigen nicht erreichten, sogar die Rettungskräfte konnten nicht miteinander kommunizieren. Dieser Sache müssen wir nachgehen, sagt Miller.
Gemessen an den Startschwierigkeiten war es dann aber doch eine vergleichsweise ruhige und besonnene erste Sitzung des Untersuchungsausschusses. Am Mittwoch wollen sich die Parlamentarier mit der Situation am Tag der Anschläge in der Metrostation Maelbeek beschäftigen. Richtig heiß dürfte es aber erst werden, wenn die Ermittlungspannen an die Reihe kommen...
Der Untersuchungsausschuss zu den Anschlägen vom 22. März in Brüssel hat sich am Dienstag übrigens auf die Benennung von zwei weiteren Experten geeinigt. Das hat der Vorsitzende des Ausschusses, Partrick Dewael mitgeteilt. Als Berater wurden der Vorsitzende des föderalen Polizeirates, Willy Bruggeman, und Professor Dirk Van Daele von der Katholischen Universität Leuven benannt. Sie sollen gemeinsam mit zwei weiteren Experten den Abgeordneten der Kommission bei ihren Untersuchungen zur Seite stehen.
In der letzten Woche hatten sich zwei Kriminologen (Cyrille Fijnaut und Brice De Ruyver) als Berater zurückgezogen, nachdem sie von der Opposition kritisiert worden waren.
belga/vrt/rop/est - Bild: Dirk Waem (belga)