Die Schlinge um die Terrorzelle von Paris und Brüssel zieht sich immer weiter zu. Bleiben noch zwei Fragen: Sind der Polizei inzwischen alle Mitglieder ins Netz gegangen? Und: Sagen die Hauptverdächtigen wirklich die Wahrheit oder schützen sie mit ihren Aussagen nur weitere Terroristen?
Die föderale Staatsanwaltschaft ist sich jedenfalls ziemlich sicher, mit Mohamed Abrini den "dicken Fisch" an der Angel zu haben. Der Mann habe im Verhör zuerst geschwiegen. Man habe ihm aber mehrere Beweisstücke vorgelegt. Unter anderem war Abrini gemessen worden, um festzustellen, ob er tatsächlich der flüchtige Attentäter von den Bildern der Überwachungskameras sein kann.
Am Samstagabend habe er dann zugegeben, zum Zeitpunkt der Anschläge am Flughafen in Zaventem gewesen zu sein. Seine helle Jacke habe er während seiner Flucht in einen Mülleimer geworfen, den Hut anschließend verkauft.
Der Dschihad-Experte Pieter Van Ostaeyen ist aber skeptisch. Er hält die Aussage von Abrini für falsch. Es sei nur ein Bauchgefühl, aber irgendetwas sage ihm, dass das nur ein Ablenkungsmanöver sei, um andere Mitglieder der Terrorzelle zu schützen, die noch auf freiem Fuß sind.
Osama Krayem
Der zweite Attentäter aus der Metro ist ebenfalls geständig. Es handelt sich um Osama Krayem, einen Islamisten aus dem schwedischen Malmö, der im vergangenen September von Syrien aus über Griechenland und Deutschland nach Belgien gekommen war. Salah Abdeslam hatte ihn damals mit einem Mietwagen nach Brüssel gebracht.
Der Mann hat sich in den letzten Tagen selbst verraten. Über Facebook hatte er mit seinem Bruder, ebenfalls Islamist, in Schweden Kontakt aufgenommen. Das hat der schwedische Geheimdienst mitbekommen und die Kollegen in Belgien auf die Spur des Mannes gebracht.
Inzwischen konnte man ihm nachweisen, dass er die Taschen und Koffer, die bei den Anschlägen in Brüssel benutzt worden sind, in einem Brüsseler Einkaufszentrum gekauft hat. Krayem hat am Samstag im Verhör ebenfalls zugegeben, am Tag der Anschläge gemeinsam mit dem Selbstmordattentäter Kahlid El Bakraoui in der Metro gewesen zu sein.
Auch Krayem trug einen Rucksack, der möglicherweise voll mit Sprengstoff war. Wo dieser Rucksack abgeblieben ist, das wollte er den Ermittlern allerdings nicht sagen. Deswegen geht die Suche weiter. Auch am Samstag wurden in Brüssel wieder Wohnungen durchsucht.
Anschläge in Paris geplant
Die Attentäter von Brüssel planten nach Erkenntnissen der föderalen Staatsanwaltschaft einen weiteren Anschlag in Paris. Angesichts des immensen Fahndungsdrucks sei den Extremisten aber die Zeit davon gelaufen, so dass sie sich für Brüssel als Anschlagsziel entschieden. Das teilte die föderale Staatsanwaltschaft am Sonntag mit.
Gegen Abrini und Krayem sowie gegen zwei weitere am Freitag in Brüssel gefasste Helfer wurde Haftbefehl erlassen. In U-Haft sitzen inzwischen über zehn Männer. Ob tatsächlich alle Mitglieder der Terrorzelle gefasst wurden, ist allerdings unklar.
Bei den Anschlägen auf den Brüsseler Flughafen und in der Metro-Station Maelbeek hatten die Terroristen am 22. März 32 Menschen getötet. Bei der Terrorserie von Paris am 13. November kamen 130 Menschen ums Leben.
Alain Kniebs - Foto: Föderale Polizei