Eine Woche nach den Terroranschlägen von Brüssel wird weiter nach dem dritten Attentäter vom Flughafen, dem Mann mit dem Hut, gefahndet. Die Polizei wertet nun Hinweise aus der Bevölkerung aus. 51 davon gingen nach Angaben der Fahnder bis Dienstag ein.
Die Opferzahl wurde von 35 auf 32 nach unten korrigiert. Der Grund: Drei Opfer mit doppelter Staatsbürgerschaft waren offenbar mehrmals auf den Listen aufgeführt. Insgesamt also 32 Tote bei den Attentaten auf den Brüsseler Flughafen und die U-Bahn-Station Maelbeek: "Unter den Toten befinden sich 17 Belgier und 15 Angehörige anderer Staaten", sagt Ine Van Wymersch von der Brüsseler Staatsanwaltschaft. 94 Personen werden noch im Krankenhaus behandelt, knapp 50 davon auf der Intensivstation.
Die Arbeit des Identifizierungsteams der Polizei ist aber noch nicht vorbei: Abgerissene Körperteile müssen noch zugeordnet werden, erklärt Christian Decobecq von der föderalen Polizei. Ziel sei es, den Opferfamilien die Leichname ihrer Angehörigen so vollständig wie möglich zu übergeben.
Pläne vom Sitz des Premiers bei Terroristen entdeckt
Pläne und Fotos des Amtssitzes von Premierminister Michel sind in einem von einem Terroristen zurückgelassenen PC entdeckt worden. Das schreiben mehrere Tageszeitungen am Mittwoch. Der PC befand sich in der Wohnung, von wo die Terroristen das Attentat von Zaventem aus geplant hatten und die Fahnder Sprengstoff entdeckten.
Den Zeitungen zufolge befanden sich in dem PC auch Informationen über den Sitz des Premierministers, der unweit der amerikanischen Botschaft liegt. Diese Informationen sollen jetzt vom FBI unter die Lupe genommen werden. Die US-Sicherheitsbehörde steht den belgischen Fahndern zur Seite, um die Daten zu entziffern.
Infos über Bakraoui-Brüder nicht vom FBI
Nicht die amerikanische Bundespolizei FBI, sondern die sogenannte "Intelligence Division" der New Yorker Polizei hat den Niederlanden Informationen zu den Terror-Brüdern Ibrahim und Khalid El Bakraoui zugespielt. Das schrieb der niederländische Justizminister Ard van der Steur am Mittwoch der Zweiten niederländischen Kammer. Bei der Übermittlung der Information sei die Quelle nicht genannt worden. So sei man von der falschen Annahme ausgegangen, die Information stamme vom FBI.
Die Niederlande hatten vor einigen Tagen erklärt, sie hätten Kontakt mit den belgischen Behörden gesucht. Dabei ging es um die beiden Brüder, die sich vergangene Woche im Flughafen Zaventem und in der Metrostation Maelbeek in die Luft sprengten. Die föderale Polizei bestritt, die Informationen erhalten zu haben.
Auch Niederlande und Türkei am Pranger
Mittlerweile stehen aber nicht mehr nur Belgien und die Niederlande am Pranger, sondern auch die Türkei. Der türkische Präsident Erdogan hatte nach den Anschlägen vollmundig erklärt, sein Land habe auf einen der Selbstmordattentäter aufmerksam gemacht. Belgien sei dem Hinweis aber nicht nachgegangen. Mittlerweile stellt sich heraus: So klar und deutlich waren die Informationen aus Ankara gar nicht. Ibrahim El Bakraoui ist im Sommer vergangenen Jahres in ein Flugzeug Richtung Amsterdam gesetzt worden. Nur eine halbe Stunde vor dem Abflug wurden die niederländischen Behörden darüber in Kenntnis gesetzt - allerdings gab die Türkei keine weiteren Informationen zum Hintergrund des Mannes.
Weil es sich um einen Belgier handelt, fragte der belgische Verbindungsoffizier in der Türkei am 20. Juli 2015 nach, warum El Bakraoui des Landes verwiesen wurde. Doch erst am 11. Januar dieses Jahres haben die Türken darauf geantwortet: Nämlich, dass Ibrahim El Bakraoui an der Grenze zu Syrien aufgegriffen wurde und als möglicher Dschihadist eingestuft worden war. Warum sechs Monate ins Haus gingen, ehe die Türkei geantwortet hat, ist völlig unklar. Wertvolle Zeit, die da verloren gegangen ist, wie sich jetzt herausstellt.
Die Niederlande machen aber nicht nur der Türkei einen Vorwurf. Auch Belgien. El Bakraoui sei damals auf keiner Fahndungsliste aufgeführt gewesen, obwohl er gegen die Auflagen seiner vorzeitigen Haftentlassung verstoßen hatte und offensichtlich untergetaucht war. Auch deshalb hätten die Alarmglocken am Flughafen Amsterdam-Schiphol damals nicht läuten können.
Für dia Panne am 16. März hat der niederländische Premierminister Mark Rutte eine plausible Erklärung. Das FBI hatte die niederländischen Behörden am 16. März über Ibrahim und Khalid El Bakraoui informiert, nachdem Belgien den Amerikanern die Hinweise gegeben hatte. Die Info kam also aus Belgien und musste deshalb nicht geteilt werden. Das erklärte er am Dienstagabend dem Parlament bei einer Sondersitzung zum Thema in Den Haag.
belga/dpa/alk/cd - Bild: Benoit Doppagne/BELGA