Es ist eine Meldung, die wohl vor allem im benachbarten Ausland für ein gewisses Unbehagen sorgen dürfte: Seit Mittwoch sind wieder alle sieben belgischen Atomreaktoren am Netz. Kurz vor 13 Uhr wurde mit Doel 3 der letzte Meiler wieder hochgefahren.
Zugleich mag es so aussehen, als starte Belgien eine "Informationskampagne", die sich vor allem an die Nachbarländer richten soll. Am Montag und Dienstag lädt die föderale Atomaufsichtsbehörde "Fank" nach Brüssel ein. Sie will die Kollegen der Atomaufsichtsbehörden aus anderen Ländern über die Reaktoren Doel 3 und Tihange 2 informieren. Da wird es in erster Linie um die Frage gehen, warum die Belgier Grünes Licht gegeben haben, um die beiden Meiler wieder hochzufahren.
Doel 3 und Tihange 2, sind die Reaktoren, die wegen der ominösen Materialschwächen vom Netz genommen worden waren. Man hat danach untersucht, ob der Stahl den extremen Bedingungen im Inneren eines Kraftwerks standhalten kann. Und nach Erkenntnissen der Fank lautet die Antwort: Ja! Den entsprechenden Prüfungsbericht wird man jetzt auf Expertenebene den Kollegen vorstellen.
Das Treffen ist nicht als "Reaktion" der Fank auf die jüngste Pannenserie zu verstehen. Aber aus genau diesen Gründen kann man sagen, dass der Zeitpunkt wohl nicht besser sein könnte. Das Treffen war eigentlich schon seit Längerem anberaumt. Geplant war es als "Wissensaustausch unter Experten".
Eingeladen sind Vertreter aus 15 Ländern, unter anderem aus Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg, aber auch aus Großbritannien, Schweden und sogar aus Japan und den USA. Hinzu kommen Delegationen der EU, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und auch der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO). Mit dabei ist übrigens auch ein Vertreter der Schweizer Atomaufsicht. Die Schweiz hat ja ein ähnliches Problem im Kernkraftwerk Beznau. Auch da sind Materialschwächen entdeckt worden.
Innenminister Jambon trifft Nachbarn
Darüber hinaus scheint sich aber jetzt auch auf politischer Ebene etwas zu bewegen: Die Föderalregierung will anscheinend auf die Bedenken aus den Nachbarländer eingehen. "Endlich", könnte man sagen. Bislang hatte man ja in Brüssel die Proteste aus Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg doch ziemlich abperlen lassen.
Am 18. Januar wird Innenminister Jan Jambon die zuständige Staatssekretärin aus Luxemburg empfangen. Luxemburg kommt zuerst dran, und das hat auch einen Grund: Das Land hatte schon vor zwei Jahren - auch wegen der Laufzeitverlängerung von Tihange 1 - Bedenken angemeldet.
Zwei Tage später empfängt Jambon auch eine Delegation aus den Niederlanden. In diesem Zusammenhang ist dann sogar eine Ortsbesichtigung in Doel vorgesehen. Da wird die niederländische Umweltministerin Melanie Schultz erwartet, mit dabei sein werden aber auch Experten der niederländischen Atomaufsicht, die zusammen mit den belgischen Kollegen von der Fank eine Kontrolle durchführen werden.
Bilaterale Gespräche auch mit Deutschland
Genau das gleiche will man anscheinend jetzt auch der deutschen Bundesregierung anbieten - eine Ortsbesichtigung in Tihange, wie Innenminister Jambon am Mittwoch in der Kammer erklärt hat. Eine entsprechende Einladung sei am Mittwoch nach Berlin verschickt worden.
In einer Stellungnahme bringt das deutsche Bundesumweltministerium zunächst nochmal seine Besorgnis zum Ausdruck - insbesondere angesichts der jüngsten Pannenserie. Und eben deswegen werde man die Unterlagen, die die belgische Atomaufsichtsbehörde Fank in der kommenden Woche veröffentlichen wird, gründlich prüfen. Um die fachliche Auswertung soll sich unter anderem die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit kümmern.
Über die Ergebnisse dieser Analyse will man dann mit den belgischen Kollegen reden - also nicht nur auf Expertenebene, sondern auch im Rahmen von bilateralen politischen Gesprächen. Man werde jedenfalls die Sicherheitsfragen intensiv und kritisch mit den Belgiern diskutieren. Dazu wird man also dann schon bald Gelegenheit haben.
rop/km - Bild: Dirk Waem/BELGA