Das traditionelle Feuerwerk zum Jahreswechsel in Brüssel ist abgesagt worden. Angesichts der derzeitigen Bedrohungslage habe man beschlossen, dass die große Silvesterparty an der Brüsseler Place de Brouckère in der Nähe der Börse ausfallen muss, sagte der Brüsseler Bürgermeister Yvan Mayeur (PS).
"Wir sind davon überzeugt, dass es besser ist, die Party abzusagen", erklärte Mayeur sichtlich zerknittert in der RTBF. Dabei hätte es ein wirkliches Event werden sollen. Seit vier Monaten war das Organisatorenteam mit den Vorbereitungen beschäftigt. Alles war schon aufgebaut. 50 Mitarbeiter hatten in den letzten Tagen die Bühne aufgebaut und die Lightshow installiert. Lautsprecherboxen, Soundanlage, alles war bereit.
Aber irgendwie lag die Entscheidung in der Luft. Spätestens, als am Dienstag die Terrorwarnstufe für die Ordnungskräfte von zwei auf drei angehoben wurde, da ahnte man, dass das Silvesterfeuerwerk hinter den Kulissen auf der Kippe stehen musste.
"Wir stützen uns da auf die Analyse des föderalen Krisenstabs", begründet Yvan Mayeur die Entscheidung. Im Zusammenhang mit der der jüngsten Terrorbedrohung sei die Beurteilung und Auswertung der Fahndungsergebnisse noch nicht abgeschlossen; und vor diesem Hintergrund habe man kein Risiko eingehen wollen.
Hinweise auf Anschläge
Mayeur spricht in erster Linie die neue mutmaßliche Terrorzelle an, die am Wochenende und am Montag ausgehoben wurde. Anscheinend plante die Gruppe zum Jahreswechsel einen Anschlag in Brüssel. Im Visier waren nach Angaben der Föderalen Staatsanwaltschaft "symbolträchtige Orte" in der Hauptstadt, vielleicht auch das Polizeikommissariat direkt an der Grand'Place.
Gegen zwei Verdächtige wurde Haftbefehl erlassen. Dabei soll es sich um Mitglieder eines Brüsseler Motorradclubs handeln; den Männern werden Verbindungen zur Terrororganisation IS nachgesagt. Einer der beiden wies die Vorwürfe zurück. Offen ist nach wie vor, ob die Terrorzelle damit schon unschädlich gemacht wurde, oder ob einige Mitglieder noch auf freiem Fuß sind - die also bereit sein könnten, loszuschlagen.
Außerdem gab es erst am Mittwoch auch in Molenbeek neue Hausdurchsuchungen, diesmal anscheinend wieder im Zusammenhang mit den Anschlägen von Paris. Mindestens ein Verdächtiger wurde festgenommen. Und dann verbreiteten die Behörden neue Fahndungsfotos. Gesucht werden vier Terroristen, dabei handelt es sich um Mitglieder der inzwischen verbotenen Islamistenorganisation Sharia4Belgium.
All das ist wohl gemeint, wenn davon die Rede ist, dass "die Beurteilung der Fahndungsergebnisse noch nicht abgeschlossen sei".
Im Übrigen habe er Kontakt mit Innenminister Jan Jambon gehabt. Und beide seien sie da einer Meinung, sagt Yvan Mayeur: "Unter diesen Umständen können wir die Feierlichkeiten nicht durchziehen".
100.000 Besucher nicht überprüfbar
Dass man die Silvesterparty an der Place De Brouckère abblase, das habe aber auch mit dem Charakter des Events zu tun, sagt der Brüsseler Bürgermeister. Eine Großveranstaltung mit tausenden Besuchern- im letzten Jahr waren es 100.000 - da könne man eben nicht jeden kontrollieren. "Aber Vorsicht, wir sprechen hier nur von der Veranstaltung an der Place de Brouckère mit dem Silvesterfeuerwerk", sagt Mayeur. "Ansonsten sind alle immer noch herzlich eingeladen, den Jahreswechsel in Brüssel zu feiern."
Dieser Appell dürfte aber verhallen. Schon vor der Absage des Silvesterfeuerwerks hatte sich abgezeichnet, dass es Silvester in der Hauptstadt wohl ziemlich ruhig bleiben dürfte. Viele Restaurants verzeichneten einen veritablen Einbruch bei den Tischreservierungen, viele bleiben aus diesem Grund ganz geschlossen.
Dass jetzt auch noch die große Party im Stadtzentrum abgeblasen wird, dürfte das Tüpfelchen auf dem i sein. Erst recht für die, die doch geöffnet bleiben wollten. Nach Terrorwarnstufe vier vor knapp sechs Wochen könnte es eine Art Déjà-vu geben.
rop/km - Bild: Thierry Roge/AFP