"Muss man die Geschäftsbeziehungen zu Saudi-Arabien nicht langsam aber sicher überdenken?", fragt sich die Zeitung L'Echo am Donnerstag. Das Image der Öl-Monarchie zwischen dem Persischen Golf und dem Roten Meer war definitiv schon einmal besser. Oder, genauer gesagt: Seit den Anschlägen von Paris schaut man vielleicht besser hin, wo man früher eher weggeguckt hat.
Beispiel: die "Grande Mosquée", die Große Moschee in Brüssel. Das stattliche Gebäude liegt in bester Lage, direkt am Cinquantenaire-Park, einen Steinwurf vom Schuman-Kreisel entfernt. 1967 überließ der damalige König Baudouin das Gebäude dem Staat Saudi-Arabien in Erbpacht -für 99 Jahre, eben um dort eine Moschee einzurichten. Entsprechend wird dort der Islam gepredigt, der in Saudi-Arabien praktiziert wird. Und das ist eben der Wahabismus, eine besonders fundamentalistische, um nicht zu sagen "radikale" Auslegung des Korans.
Diese Lehre hat in Belgien keinen Platz, machte vor einigen Tagen der Brüsseler Ministerpräsident Rudi Vervoort klar. Der Islam, für den Saudi-Arabien steht, der duldet keine anderen Religionen, betrachtet die gar als "Feinde". Wenn man die Radikalisierung bekämpfen will, dann müsse man sich erst mal mit den Inhalten beschäftigen, die hierzulande gepredigt werden, sagt Rudi Vervoort. Rudi Vervoort steht da längst nicht alleine. Immer mehr Stimmen werden laut, die den saudischen Einfluss auf die "Große Moschee" eingrenzen wollen.
Im Grunde löse man damit aber kein Problem, gab jetzt aber die Islamwissenschaftlerin Meryem Kanmaz zu bedenken. Es sei nämlich so: Die "Große Moschee" von Brüssel spiele innerhalb der Moslemgemeinschaft in Belgien überhaupt keine Rolle. Demnach ist es so: Am Anfang, in den 1970er Jahren, da kamen durchaus noch viele Gläubige in die Grande Mosquée. Das aber vor allem deswegen, weil es in der Zeit noch nicht sehr viele andere Moscheen gab. In der Zwischenzeit hat sich das aber geändert. Und entsprechend hält sich der Einfluss der Großen Moschee in Brüssel dort deutlich in Grenzen. Wer glaubt, über die Grande Mosquée die Radikalisierung bekämpfen zu können, der trägt Eulen nach Athen. Die Empfehlung der Islamwissenschaftlerin: "Fokussiert euch nicht auf ein Gotteshaus! Sorgt vierlmehr dafür, dass es ein Netzwerk von anerkannten Moscheen im Land gibt." Viele arbeiteten nämlich außerhalb jeden Rechtsrahmens.
IS bekommt Waffen von FN Herstal
Doch nicht nur die Diskussion um den saudischen Einfluss auf die Große Moschee setzt die Scheichs in den Fokus. Gerade erst hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wieder die wallonische Waffenschmiede FN in Herstal an den Pranger gestellt. Die Auswertung von Bildern aus dem Einflussgebiet von IS hat gezeigt, dass viele Kämpfer der Terrorgruppe mit FN-Waffen ausgerüstet sind, erklärt Philippe Hensmans von Amnesty. Natürlich hat FN nicht direkt Geschäfte mit IS gemacht. Im vorliegenden Fall sind es Waffen, die vor 35 Jahren an Katar verkauft wurden. Die sind später in Libyen und zum Schluss eben in Syrien gelandet.
Diese Erkenntnisse seien aber Grund genug, ein Waffenembargo für die gesamte Golfregion zu verhängen, meint Amnesty International. Und auch Außenminister Didier Reynders stellt sich am Donnerstag in der Zeitung De Morgen die Frage, ob man insbesondere Waffenexporte nach Saudi-Arabien nicht überdenken sollte. Eben dieses Land gehört nämlich zu den besten Kunden der FN in Herstal. Allein im vergangenen Jahr verkaufte FN Waffen für 400 Millionen Euro nach Saudi-Arabien. Dabei würden aber alle geltenden Gesetze, ob nun belgische oder europäische, peinlichst genau eingehalten, unterstrich noch vor einigen Tagen der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette.
Seither schweigt Namur aber zu der Thematik. Der Präsident des für Waffenexporte zuständigen wallonischen Parlamentsausschusses, Nicolas Tzanetatos, räumte aber ein, dass man künftig vielleicht genauer hinschauen müsse, eben insbesondere angesichts der undurchsichtigen Rolle von Saudi Arabien. Nicolas Tzanetatos ist allerdings Mitglied der oppositionellen MR.
Roger Pint - Bild: Eric Lalmand (belga)