Brüssel am Sonntagvormittag. Die Hauptstadt wacht langsam auf, doch der Albtraum ist noch nicht vorüber - die maximale Gefahrenstufe gilt noch immer. Die U-Bahn-Linien stehen weiter still, viele Museen und Attraktionen sind immer noch dicht. Allerdings sind im historischen Zentrum viele Geschäfte wieder geöffnet. Auch die Touristen trauen sich nach der gespenstischen Nacht wieder vor die Tür. Den gestrigen Abend hatten die allermeisten im Hotel verbracht. Brüssel glich einer Geisterstadt.
Am Sonntag fühlten sie sich sicherer - vor allem wegen der Soldaten in der Stadt, sagen diese beiden Touristinnen aus Tschechien und Frankreich.
Ein ganz anderes Bild bot sich am Samstagabend. Das Brüsseler Ausgehviertel "Saint-Géry" nahe der Börse war wie ausgestorben. So etwas hatte die Hauptstadt noch nie gesehen. An einem Samstagabend schlägt hier normalerweise das Herz der Feierwütigen. Kneipen, Bars und Restaurants: alle leer oder geschlossen.
Gepanzerte Fahrzeuge der Armee von dem Zentral-Bahnhof und auf dem Grand’Place: Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs dürfte es das nicht mehr gegeben haben… Auch wenn sich die Lage am Sonntag etwas zu normalisieren schien, die Angst schwingt bei vielen noch mit.
Und: Es besteht großer Informationsbedarf in der Bevölkerung. Bei der Nothotline 1771, die das Krisenzentrum gestern geschaltet hatte, sind inzwischen über 5.000 Anrufe eingegangen. "Die meisten Anrufer sind besorgte Bürger und haben ganz praktische Fragen", sagt der Sprecher des Innenministeriums Patrick Dewaele. Manchmal seien es Geschäftsleute, die anrufen und wissen wollen, ob sie eine Alternative vorsehen müssten, weil sie am Donnerstag von Brüssel aus in die USA fliegen. Oft seien es aber besorgte Bürger aus Brüssel, die wissen wollen, ob sie das Haus verlassen und zum Supermarkt um die Ecke dürfen. Andere wollen wissen, ob sie morgen zur Arbeit dürfen.
Auch wenn Brüssel derzeit kein touristenfreundliches Bild abgibt. Die meisten wollen wiederkommen, wenn der Spuck einmal vorbei ist. Und sich die Stadt - und das, was sie verpasst haben - noch mal in Ruhe anschauen…
Alain Kniebs - Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)