Seit 1928 spielen Signalhornbläser der Feuerwehr von Ypern den "Last Post". Jeden Abend um Punkt acht Uhr. Am Donnerstag werden sie es zum 30.000. Mal tun. "Auch 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg macht das noch Sinn", meint Wim Opbrouck, flämischer Schauspieler und Regisseur des heutigen Jubiläums-Last-Posts. "Obwohl wir Blumenkränze niederlegen und Mahnmale errichtet haben, gibt es auch heute noch zahlreiche Konflikte: Afghanistan, Syrien, Ukraine", bedauert Regisseur Opbrouck. Trotz aller Friedensapostel würde die Geschichte sich immer wiederholen.
Genau wie an jedem Abend seit 87 Jahren wird der "Last Post" auch am Donnerstag unter dem Menen-Tor in der Altstadt von Ypern geblasen und wieder Tausende Schaulustige aus aller Welt anziehen. Die Region zählte zu den blutigsten Schauplätzen des Ersten Weltkriegs. Mehr als eine halbe Million Soldaten haben auf den Schlachtfeldern und in den Laufgräben im Nordwesten Flanderns ihr Leben verloren.
Doch nicht nur die Feuerwehr von Ypern gedenkt am Donnerstagabend der Toten. An über 100 Orten in der Welt haben Feuerwehr-Kollegen zeitgleich weitere Gedenkveranstaltungen geplant: Die meisten in Kasernen in Belgien, aber auch in anderen Ländern. "Der Last Post wird nach Belfast, Cardiff und London in Großbritannien übertragen", sagt Benoît Mottrie von der Last-Post-Vereinigung. Aber auch in Australien und Indien seien Gedenkveranstaltungen geplant. Ebenso in Berlin, wo um Punkt 20 Uhr an der Neuen Wache ein Blumenkranz niedergelegt wird.
Der "Last Post" ist der britische Zapfenstreich. Der musikalische Salut erklang früher in britischen Militärlagern, um täglich das Schicht- oder Dienstende der Soldaten bekannt zu geben. Weil in und um Ypern besonders viele Soldaten des Commonwealth ums Leben gekommen sind, hat man sich für den "Last Post" entscheiden.
Der jüngste Hornbläser ist gerade einmal elf Jahre alt. Alle Töne bekommt Thomas Verdoodt noch nicht sauber hin, aber er übt seit Wochen fleißig jeden Abend… Voriges Jahr habe er das Signalhorn bekommen und es sei Ehrensache für ihn gewesen, heute mit zu machen. Der älteste Spieler ist weit über 80. Anton Verschoot ist schon seit 1954 dabei. Fast jeden Tag kommt er zur Gedenkveranstaltung ans Menen-Tor. "Früher bin ich mit dem Rad oder dem Auto gekommen. Jetzt geht das nicht mehr und ein Kollege muss mich abholen. Aber ich will dabei sein. Um der Menschen zu gedenken, die für uns ihr Leben geopfert haben."
Wer den "Last Post" am Donnerstagabend mitverfolgen will: Der flämische Rundfunk VRT überträgt ab 19:30 Uhr live auf Canvas und im Internet. Auch die BBC und das ZDF planen Sonderbeiträge.
Alain Kniebs - Archivbild: Eric Lalmand (belga)