Großer Bahnhof am Sonntag in Brüssel: Mit einem großen Straßenfest wird die neue Attraktion der Hauptstadt eingeweiht, die großen Boulevards vor der Börse wurden in eine immense Fußgängerzone verwandelt. Genauer gesagt ist jetzt der gesamte Bereich zwischen der Place De Brouckère und der Place Fontainas autofrei. Dort, wo Fahrzeuge oft Stoßstange an Stoßstange qualmend durch den Verkehr quälten, spielen Kinder und Jugendliche jetzt Badminton oder Tischtennis.
Die Fußgängerzone ist jetzt eine Tatsache, sagt der Brüsseler Bürgermeister Yvan Mayeur. Ab jetzt ist definitiv Schluss mit dem Autoverkehr. In einer nächsten Phase wird dann auch die bisherige Fahrbahn in einen richtigen Gehweg verwandelt, statt Teer gibt es dann belgischen Blaustein. Wirklich fertig ist das Ganze dann in zwei Jahren.
Doch schon sind viele absolut begeistert von der Idee. Nach dem Motto: Warum nicht schon zehn Jahre früher? Es gibt aber längst nicht nur Befürworter. Es ist natürlich klar: Wenn die Autos aus einer Zone verbannt werden, dann lösen sie sich dafür ja nicht in Luft auf. Um das Börsenviertel hat man so eine Art "Entlastungsring" eingerichtet, der also die Verkehrsströme kanalisieren soll. Und wer in diesem Bereich wohnt bekommt jetzt natürlich den ganzen Blechtrubel ab - Abgase inklusive.
Härtetest für Autofahrer
Ganz zu schweigen von den Autofahrern. Da war das Chaos quasi vorprogrammiert. Nicht nur, dass eine zentrale Verkehrsachse ab jetzt schlicht und einfach nicht mehr existiert. Hinzu kommt, dass die Verkehrsführung in dem ganzen Bereich um die Fußgängerzone zum Teil radikal angepasst wurde. Es gibt unzählige neue Einbahnstraßen, selbst Taxifahrer sind verzweifelt. In Brüssel ging denn auch am Tag eins nach der Einrichtung der Fußgängerzone erstmal nichts mehr. Eine halbe Stunde für ein paar hundert Meter. Die Stadt Brüssel machte andere Faktoren für das Verkehrschaos verantwortlich, etwa Baustellen an einigen strategischen Knotenpunkten.
Doch auch die Geschäftsleute sind unzufrieden, haben Angst um ihre Umsätze. Die Kritiker monieren, dass man sie nicht genug in die Planung einbezogen habe. "Unsinn", erwidert Bürgermeister Yvan Mayeur. Wir haben 150 Bürgerversammlungen abgehalten, wenn jemand die Anwohner einbezogen hat, dann sind wir das. Es gebe eben immer Leute, die herumnörgeln. Darüber hinaus habe man ja versprochen, nach einer Testphase von acht Monaten eine Bilanz zu ziehen und gegebenenfalls auch Verbesserungen vorzunehmen, fügt Mayeur hinzu.
Von dem eigentlichen Vorhaben werde man aber auf keinen Fall abrücken, sagt der Brüsseler Bürgermeister. "Das hier ist die Zukunft. Die Zeiten, in denen das Auto die Städte bedingungslos beherrschte, sind vorbei. Und Sie werden sehen: Andere Metropolen werden sich an an Brüssel ein Beispiel nehmen."
Roger Pint - Bild: Bruno Fahy/BELGA