Der Jahresbericht der Nationalbank liest sich wie eine Auflistung von schlechten Neuigkeiten. So ungefähr alle Wirtschaftsparameter sind im roten Bereich.
Wirtschaftswachstum: Fehlanzeige! Laut Nationalbank wird die belgische Wirtschaft in diesem Jahr eher schrumpfen: Die BNB sagt ein Minus von 0,1 Prozent vorher, gemessen an der ursprünglichen Prognose - vor Ausbruch der Krise war ja sogar mal von 1,6 Prozent die Rede - sind das Welten.
Für den Staatshaushalt ist das Gift: Die Regierung hatte ja schon 1,3 Milliarden Euro eingefroren, diese Summe muss in jedem Fall irgendwo gefunden werden. Doch werde das nicht reichen, sagt der Gouverneur der Nationalbank, Luc Coene. Selbst unter Berücksichtigung dieser 1,3 Milliarden Euro würde man das Jahr mit einem Defizit von 3,1 abschließen. Angepeilt seien aber 2,8 Prozent. "Um das Ziel zu erreichen, fehlen 0,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Und 0,3 Prozent des BIP - das macht über den Daumen eine Milliarde Euro aus", so Coene.
1,3 plus 1 - macht nach Adam Riese 2,3. Die Regierung muss also mindestens 2,3 Milliarden finden, damit Belgien sein Sparziel erreicht. Wie und wo, das wird bei der Haushaltskontrolle - die Anfang März die in ihre heiße Phase eintritt - entschieden.
Exporte rückläufig
Doch ist das nicht die einzige Baustelle. Zum Beispiel sind auch die belgischen Exporte stark rückläufig, die Marktanteile schmilzen wie Schnee in der Sonne: ein Minus von 15 Prozent innerhalb von nur fünf Jahren. Die Entwicklung ist so drastisch, dass die EU-Kommission Belgien sogar unter "makroökonomische Aufsicht" gestellt hat. Auf Deutsch: Man hält die Situation im Auge.
"Der Einbruch der Exporte, das zeugt auch von einem Wettbewerbsdefizit", sagt Luc Coene. Ein Problem, wenn auch nicht das einzige, sei hier die Entwicklung der Löhne in Belgien. Und damit ist die Brücke zum Index geschlagen, also zur automatischen Kopplung der Gehälter an die Lebenshaltungskosten. Belgien gehört zu den ganz wenigen Ländern, die ein solches System praktizieren.
Ein solches System sei nicht ungefährlich, warnt Luc Coene. Im Augenblick gebe es krisenbedingt mitunter extreme Erschütterungen, und die hätten - wegen der automatischen Index-Kopplung - eben unmittelbare, weil "automatische" Auswirkungen. "Wir sollten uns zumindest die Frage stellen", fügt Coene betont vorsichtig hinzu, "ob man das System nicht wenigstens etwas überarbeiten kann - um gewisse Ausschläge zu dämpfen".
"Früher oder später"
Keine Abschaffung also, zumindest aber eine Reform des Systems der Lohn-Index-Bindung. "Nicht mit uns!" tobte sogleich die PS-Vizepremierministerin Laurette Onkelinx. "Im Regierungsabkommen ist ausdrücklich keine Rede davon. Die Gehälter der Menschen werden nicht beschnitten."
Auf der anderen Seite des politischen Spektrums innerhalb der Koalition, quasi genau gegenüber der PS, stehen die flämischen Liberalen. Und bei der OpenVLD hört man da etwas ganz anderes: "Über den Index werden wir früher oder später reden müssen", sagt OpenVLD-Vizepremier Vincent Van Quickenborne. "Allerdings fehlen derzeit noch genaue Angaben, diese Daten muss die BNB erst noch liefern."
Naja, und eigentlich sagt auch die CD&V nichts anderes: Für die Haushaltskontrolle, also die Nachbesserung am Budget, sei der Index für ihn erstmal kein Thema, sagt CD&V-Vizepremier Vanackere - "das heißt aber nicht, dass man nicht zu einem späteren Zeitpunkt einmal über die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen reden muss".
Aufgeschoben ist also nicht aufgehoben. Die Diskussion über den Index dürfte früher oder später stattfinden. Vielleicht nicht in den nächsten Tagen, aber wohl noch im Laufe dieses Jahres. Und eins ist sicher: Einen effizienteren Spalthammer als den Index gibt es in Belgien nicht ...
Bild: Dirk Waem (belga)
Eine Aufhebung des Lohnindex´ ist nichts anderes als eine stetig fortschreitende Gehaltskürzung mit dem Endziel der Verarmung. Alles wird teurer, die Einkommen sinken.
Das System der Lohnindexierung sollte nicht kritisiert, sondern endlich europaweit eingeführt werden, um Wettbewerbsnachteile zu eliminieren.
Die Regierungen und die Politik sind dem Bürger und dessen Wohlergehen verpflichtet, also gibt es keine Alternative zu diesem System.
Wenn "erfolgreiche" Wirtschaftspolitik alleine darin besteht die Lebensqualität der Bevölkerung zugunsten immer höherer Profite von Banken, Konzernen und Unternehmen zu senken, muss über einen Wechsel von Personen in den entsprechenden Entscheidungsstellen nachgedacht werden.
Mit der europaweiten Einführung wäre das Konkurrenzfähigkeitsargument endlich vom Tisch. Die Bürger würden nicht vom Kapital und deren Akteure abgehängt, dem sozialen Frieden käme man auf diese Weise wieder ein Stück näher.
Mitarbeiter, die von ihrem Einkommen leben können, konsumieren, verbrauchen, generieren Wachstum und sparen Milliarden an Krankheitskosten ein, da seltener psychisch krank.
Unterm Strich lohnt es sich für ganz Europa die Menschen zu respektieren, die durch ihre Arbeit erst die Milliardengewinne der Konzerne und Banken, wie auch die Politikergehälter erwirtschaften.
Hinweise auf Konkurrenzdruck aus nichteuropäischen Ländern ist vermutlich das nächste Argument, aber lächerlich, denn dann müssten auch konsequent die Einkommen und Arbeitsbedingungen an chinesische oder indische Standards angepasst werden oder ist das schon der nächste Schritt?
Die Argumente dafür entsprächen exakt denen, welche für die Abschaffung der Indexierung herhalten müssen - nach unten ist also noch viel Luft.
Dem ist aber auch nichts hinzuzufügen;
Welche anderen Länder - außer Belgien - habe so eine Indexbindung eigentlich noch? Wenn das System so toll ist, warum hat es dann nicht jeder?
Die Aussagen des Herrn Decker sind zwar absolut korrekt, aber wenn die Welt ja demokratisch wäre, gäbe es diesen Artikel überhaupt nicht. Die Welt wird von einer Elite regiert, die diesen Spruch bei allem was sie tut benutzt.
Zitat: Jean-Claude Juncker
"Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt."
Seht es doch ein, alles was diese Leute vorhaben, steht in ihren eigenen Büchern! Es muss sie nur jemand lesen.
Der Index wird verschwinden, da das Ziel ist (die Nationalstaaten auszubluten zu lassen - ESM) um uns so weich zu klopfen, das wir alles akzeptieren, was die da oben wollen. Das war noch immer so!!!!!
Noch ein Beispiel: Valéry Giscard d’Estaing
"Die Öffentlichkeit wird dazu gebracht werden, Vorschlägen zuzustimmen, die sie überhaupt nicht kennt und wir wagen es auch nicht, sie zu veröffentlichen... alle früheren Vorschläge sind im neuen Text enthalten, nur versteckt und verschleiert."
Viel spass mit dem Kopf im Sand!
Noch was zu Herrn Roger Pint und den Medien allgemein.
Wenn Friede dran schuld wäre, das die Wirtschaftszahlen rückläufig sind, dann bräuchten wir wohl Krieg.
Die Medien sind die Lobbyisten des Systems. Sie werden vom Staat bezahlt das System zusammen zu halten mit Wörtern oder Zitaten, wie: "ins Wespennest gestochen","Wirtschaftsparameter sind im roten Bereich","Einen effizienteren Spalthammer".
Hauptsache der Index wird als gefährlich angesehen.
Die Medien sind neben Wissenschaft nun mal die neuen Religionen.
Möchte mich hiermit dem Text von Jochen Decker, voll und ganz anschliessen. Das einzige, was mich am Lohnindex stört, ist die prozentuale Erhöhung. Meineserachtens, wäre ein fester Betrag als Erhöhung besser, denn nur so kann man vermeiden, dass der Unterschied zwischen zwei Lohnklassen mit der Zeit immer grösser wird.
Das Großherzogtum Luxemburg hat noch eine Lohn/Indexkoppelung, ich seh den festen Betrag auch als besser an, noch besser wäre es wenn effektive Grossverdiener, Generaldirektoren, Aufsichtsratsvorsitzende etc pp, mit mehr als 4.500€/Monat gar keine Indexanpassung erhielten, das sollte auf niedrige und mittlere Löhne und Gehälter beschränkt sein. So kriegen die Grosskopfeten mit einem Gehalt von sagen wir mal 5.000€ bei 2% Indexsprung einen Betrag von 100€ mehr, diejenigen die 2500€ hatten kriegen 50, die Differenz wächst also...
Auf einer Webseite wird Unternehmen und ausländischen Investoren in Belgien gezeigt, wie sie kräftig Steuern sparen können! Sie können sich sogar von Beamten beraten lassen.
Ich frage mich, wer diese Maßnahmen finanziert? Wer muss die Löscher stopfen, die durch diese Vorteile entstehen?
Wer soll denn die Produkte der Firmen die davon profitieren noch kaufen, wenn mit allen Mitteln versucht wird die Löhne zu drücken?
Die Gewinne der multinationalen Unternehmen steigen ständig. Die Großaktionäre werden kräftig mit Dividenden bedient. Haben diese Unternehmen Schwierigkeiten, muss die Staatskasse mit Steuergeldern einspringen (es geht ja um Arbeitsplätze).
Und immer wieder steht die automatische Indexbindung der Löhne zur Debatte, wenn es darum geht die Staatskasse zu sanieren.
Ich bin kein Wirtschaftsexperte, aber ich habe den Eindruck, dass es andere Wege aus der Staatsverschuldung gibt!
Wann werden die Menschen (und Wähler) begreifen, dass wir uns alle gegenseitig kaputt konkurrieren? Die Verschiebung des Renteneintrittalters hat doch genau dieses Ziel: Arbeiter und Angestellte sollen sich gegenseitig mit Gehaltsforderungen unterbieten. Was wir brauchen, ist keine Standort- bzw. Konkurrenzwirtschaft, sondern eine Kooperationswirtschaft, in der alle ein menschenwürdiges Leben führen, die Umwelt geschont und die kreativen Potenziale voll entfaltet werden können.
Die Frage muss nicht lauten: wie müssen wir die Wirtschaft organisieren, damit sie wachsen kann. Die Frage muss lauten: wie müssen wir die Wirtschaft organisieren, damit sie nicht mehr wachsen muss.
Sehr geehrter Herr Braun,
genau so wie Sie es beschrieben haben, ist es! 🙂
Sehr geehrter Herr Braun,
Es freut mich, daß langsam aber sicher immer häufiger diese Problematik erkannt wird. Vielleicht kommen wir der Antwort ein wenig näher, wenn wir erst mal die Frage beantworten: WARUM die Wirtschaft in unserem jetzigen System denn eigentlich wachsen muss...
Sehr geehrter Herr Huppertz,
Sie stellen genau die richtige Frage, deren Antwort Herr Karl-Heinz Braun (Ecolo) aber ebenfalls kennt, diese aber öffentlich auszusprechen, das traut er sich noch nicht...
Die Antwort hat mit dem Geldsystem zu tun! Jetzt hetzen wir alle einer gegen den anderen, ein Land gegen das andere, ein Kontinent gegen den anderen - warum?
Um die Zinsen der Kredite bezahlen zu können, wobei für diese Zinsentrichtung das Geld garnicht vorhanden ist, weil die Kredit gebenden Banken es bei der "Fiat-Geld"- Kreditvergabe nicht gleichzeitig mitgeschaffen haben.
OK, für Vielen von Ihnen sind diese Begriffe (Geldschaffung oder Geldschöpfung, Fiat-Geld,Kreditzinsen,Zinseszins,Fließendes Geld, Umlaufgebühr, usw.)vielleicht noch spanische Dörfer. Ich möchte Sie aber wirklich ermuntern, sich mit diesen Begriffen und mit unserem Kreditgeldsystem tatsächlich zu befassen. Denn Sie sehen es doch selber: Politiker wie Herr Braun, Herr Lambertz, Herr Paasch, Herr Mollers, u.A. werden das Thema "Geldsystem" so lange nicht in den Mund nehmen und also keine Lösungsansätze berücksichtigen, so lange nicht eine genügende Anzahl Bürgerinnen und Bürger darüber Bescheid wissen.
Im Internet finden Sie sehr informative Videofilme zu den angegebenen Stichworten, die Internetseiten darf ich Ihnen hier nicht nennen, der Webmaster müsste sie dann entfernen.
Im Vorwahlkampf der Republikaner in den USA gewinnt der republikanische Kongressabgeordnete Ron Paul zunehmend an Aufmerksamkeit weil er immer bessere Wahlergebnisse erzielt, trotz weitgehender Sabotage durch die großen landesweiten Medien! Ron Paul will die Macht der privaten (!) Federal Reserve Banken brechen, in dem er den privaten Geschäftsbanken die Geldschöpfungshoheit abnehmen will.
Eine sehr interessante und sehr spannende Entwicklung!