Nach 20 Stunden Verhandlungen haben sich die Minister der Föderalregierung auf einen Haushaltsplan geeinigt. Premierminister Bart De Wever (N-VA) erklärte, das Gesamtvolumen liege bei 9,2 Milliarden Euro. Im kommenden Jahr sollen mehr als zwei Milliarden Euro durch Einsparungen und zusätzliche Einnahmen zusammenkommen.
Eine Sparmaßnahme betrifft den Lohnindex. Dieser bleibt bestehen, wird aber gedeckelt: Beschäftigte, die mehr als 4.000 Euro brutto im Monat verdienen, deren Lohn wird über diesen Höchstbetrag hinaus nicht mehr indexiert. Die Regierung will außerdem die Rückkehr von Langzeitkranken in den Arbeitsmarkt stärker fördern, um das Budget zu entlasten. Die Mindestlöhne steigen demnach ab dem kommenden 1. April um 50 Euro.
Die Mehrwertsteuersätze von sechs, zwölf und 21 Prozent bleiben bestehen. Allerdings werden einige Produkte in andere Kategorien eingestuft. So gilt künftig unter anderem für Hotel- und Campingübernachtungen, Sport- und Freizeitaktivitäten, Speisen zum Mitnehmen sowie alkoholfreie Getränke ein höherer Steuersatz von zwölf Prozent. Der Mehrwertsteuersatz für Pestizide steigt von zwölf auf 21 Prozent. Auch die Akzisen auf Erdgas werden angehoben - zunächst auf zwölf, später auf 21 Prozent. Auf Bestellungen von Paketen bei nicht-europäischen Webshops wird eine Steuer von zwei Euro erhoben.
Auf der anderen Seite werden 3,7 Milliarden Euro in den Gesundheitssektor investiert. Krankheitstage werden für die Rente angerechnet. Eine weitere Milliarde wird in die Sicherheit investiert. Die Abgaben auf Arbeit sollen schneller gesenkt werden.
Premier De Wever nannte die Einigung eine "Art zweites Regierungsabkommen". Am Mittwoch will er den Haushalt im föderalen Parlament vorstellen. Am Donnerstag werden die Abgeodneten darüber debattieren; am Freitag folgt die Abstimmung.
Reaktionen
Der Vorsitzende der flämischen Sozialisten (Vooruit), Conner Rousseau, sagte, dass seine Partei mit der Übereinkunft Verantwortung in schwierigen Zeiten übernehme. So habe Vooruit dafür gesorgt, dass bei der Rentenreform Korrekturen vorgenommen würden und auch in den Gesundheitssektor investiert werde. Die Vereinbarung enthalte aber auch Schritte, vor denen ihm graue, so Rousseau.
Der Vorsitzende der frankophonen Sozialisten PS, Paul Magnette, sagte in einer ersten Reaktion, es seien immer dieselben, die die Rechnung bezahlen müssten: die Arbeiter und die Mittelschicht.
Der Vorsitzende der frankophonen Liberalen (MR), Georges-Louis Bouchez, ist zufrieden mit dem Haushalt. Man habe auf die MR gehört, schrieb er in den sozialen Netzwerken. Für die flämischen Christdemokraten (CD&V) war es wichtig, dass "die Rechnung nicht an die nächste Generation weitergereicht" werde, sagte CD&V-Vorsitzender Sammy Mahdi.
Nach Ansicht der flämischen Grünen von Groen ist das Abkommen der Regierung nicht sozial gerecht und treffen die Sparmaßnahmen wieder vor allem die normalen Leute.
Heftige Kritik der Gewerkschaften
Die Gewerkschaften haben mit heftiger Kritik auf den Staatshaushalt reagiert. Sie sprechen von einem "unausgewogenen" Haushaltsabkommen. Ein Großteil der Kosten werde auf die Arbeitnehmer abgewälzt. Vor allem, dass die automatische Lohnindexierung für Löhne über 4.000 Euro nicht mehr vollständig gelte, steht in der Kritik.
Der dreitägige Streik, der heute Morgen begonnen hat, werde auf jeden Fall bis Mittwoch durchgeführt. Auch danach werde man zeigen, dass die automatische Lohnindexierung eine Rote Linie bleiben werde.
Reaktion des Arbeitgeberverbandes und des Verbandes der Baubranche
Der Arbeitgeberverband FEB begrüßt, dass die Regierung endlich einen Mehrjahreshaushalt verabschiedet hat. FEB-Chef Pieter Timmermans erklärte, es seit gut, dass die Haushaltslage sich verbessere. Allerdings gebe es eine Reihe von Maßnahmen, die "schwierig" seien und in einem besonders fragilen wirtschaftlichen Umfeld erneut auf Unternehmen abzielen würden.
Der Verband der Baubranche, Embuild, hat zufrieden darauf reagiert, dass die Mehrwertsteuer auf Neubauten und Wohnungsrenovierungen nicht angehoben wird. Laut Embuild hätte eine Erhöhung der Mehrwertsteuer die Haushalte direkt getroffen und Investitionen in den Bau und die Renovierung gebremst.
belga/jp