Dominique Elsaesser (ein Pseudonym) bezeichnet sich als "großen Brüssel-Fan": "Ich finde, die Stadt hat unheimlich viel zu bieten. Sie ist ja eigentlich gar nicht mal so groß. Nicht größer als Köln zum Beispiel, hat aber geschichtlich, architektonisch und auch politisch unheimlich viel in der Auslage, sag ich mal, und da habe ich mir gedacht, wäre es fast schade, wenn man das ungenutzt verstreichen ließe und da keinen Krimi draus machen würde."
Und dieser Krimi hat es in sich: Erpressung, Auftragsmord, Kolonialgräuel, Kollaboration ... Dominique Elsaesser lässt seinen Inspektor Marcel Vermeylen so manches pikante Detail entdecken und kaum für möglich gehaltene Zusammenhänge herstellen - alles vor einem ausgesprochen stimmigen Brüsseler Dekor.
Die meisten Schauplätze kannte Dominique Elsaesser aus eigener Anschauung, weil er seit etwas mehr als 18 Jahren in Brüssel arbeitet. In der Mittagspause spaziere er gerne mal durch die Straßen und gucke sich alles an: "Die Sehenswürdigkeiten, Grand' Place oder auch Jubelpark. Ich weiß, wie die aussehen und kann das in einer kriminalistischen Handlung situieren."
Und auch mit der Brüsseler Kultur kennt sich der Krimiautor aus: Ein wiederkehrendes Motiv sind die Lieder und Chansons von Jacques Brel, zu dem Inspektor Marcel Vermeylen eine fast schon familiäre Beziehung hat, wie sich im Laufe des Romans herausstellt. Dominique Elsaesser hat die Musik von Jacques Brel während seines Studiums in Frankreich "kennen und schätzen" gelernt. "Und ich habe versucht, das an der einen oder anderen Stelle mit ein bisschen Brel zu unterlegen."
Neben der universellen Sprache der Musik lässt Dominique Elsaesser aber auch zumindest einen Teil der über 100 Sprachen erklingen, die, wie es an einer Stelle heißt, in dieser Stadt "nebeneinander und durcheinander gesprochen" werden, darunter auch die typischen Brüsseler Ausdrücke. "Es ist ja wichtig, dass die Handlung einen Ort hat und dass sie auch eine Sprache hat. Und wenn Sie jetzt einen Krimi in Brüssel spielen lassen, dann ist wirklich die Frage: Was sprechen die Leute eigentlich? Oder in welcher Sprache denken die? In Brüssel ist das ja sehr vielschichtig."
Das gilt auch für die Stadt an sich. So führt die inoffizielle kriminalistische Schnitzeljagd den Protagonisten und Leser an Orte, wo weniger mit Verbrechen zu rechnen wäre: "Was ich tatsächlich für den Krimi recherchiert habe, waren Kirchen, weil ich hatte die Idee, dass Kirchen eine gewisse Rolle spielen bei Geldübergabe. Und da hatte ich so vier, fünf Kirchen, die ich noch nicht kannte. Die habe ich mir dann auch jeweils genau angeguckt und mich dann gefragt, wo könnte man hier denn einen Umschlag mit Geld platzieren?"

Gewürzt wird der Brüssel-Krimi "Spicy Files" mit Einblicken in den Kunstbetrieb, was ihm auch räumlich eine andere Dimension verleiht: Er verlässt kurz das Brüsseler Parkett. Eine historische Dimension schwingt von Anfang an mit - wird aber erst im Laufe des Romans aufgeklärt. "Die Idee zum Plot kam, als ich in meinen Recherchen auf Felix Nussbaum gestoßen bin, den jüdischen Maler, der bis 1944 in Brüssel gelebt hat und mit seiner Ehefrau Felka Platek nach Auschwitz deportiert wurde und da auch ums Leben gekommen ist. Und das hat mich damals kurz nach Corona sehr bewegt, weil ich kannte das Schicksal gar nicht, obwohl er seinen letzten Zufluchtsort nur einen Steinwurf von meiner Arbeitsstelle entfernt hatte. Und da habe ich mir gesagt: Versuch das mal zu verbinden, lass im Heute einen Krimi spielen, einen Inspektor ermitteln, das Motiv aber ganz tief in der belgischen Geschichte liegen."
Ohne allzu viel verraten zu wollen: Das Ende von "Spicy Files" lässt erahnen, dass die Geschichte noch nicht zu Ende erzählt ist. "Ich habe da einen Cliffhanger eingebaut. Also es wird weitergehen mit Marcel. Er wird sich weiter in Brüssel umhören müssen." Zwei weitere Bände sind schon fertig konzipiert: "Die sind jetzt im Lektorat. Es wird in den nächsten Bänden dann tiefer in europäische Geschichte und auch europäische Politik gehen."
Der Brüssel-Krimi "Spicy Files" von Dominique Elsaesser ist im Umland-Verlag erschienen.
Stephan Pesch