Gesundes Altern ist und wird natürlich zum Teil immer auch von Faktoren abhängen, auf die man selbst wenig oder gar keinen Einfluss hat. Zum Beispiel von der genetischen Prädisposition für bestimmte Erkrankungen. Oder manchmal auch einfach nur von Glück beziehungsweise von Pech, das man haben kann.
Aber es gibt eben auch Faktoren, auf die man durchaus einen Einfluss hat, zum Beispiel was die Art und Weise angeht, mit der man sein Leben lebt. Zu diesen sogenannten "modifizierbaren" Lifestyle- oder Lebensstilfaktoren gehört zum Beispiel die körperliche Betätigung, aber auch, wieviel Zeit man jeden Tag mit Sitzen oder Schlafen verbringt.
Gegensteuern ist wichtig
Dass gerade diese drei genannten Faktoren die körperliche Gesundheit stark beeinflussen können, ist schon lange bekannt. Aber mittlerweile sind sie auch im Zusammenhang mit den kognitiven Fähigkeiten auf dem Radar der Wissenschaft. Denn im Alter baut nicht nur der Körper ab, sondern auch der Geist. Gegensteuern ist also wichtig, um möglichst lang ein unabhängiges und selbstbestimmtes Leben leben zu können.
Deshalb haben sich die Wissenschaftler der KU Löwen und der UGent eingehender damit befasst, wie sich die Tageseinteilung gesunder Über-55-Jähriger auf ihre geistigen Fähigkeiten auswirkt, erklärt Forscher Pieter-Jan Marent im Interview mit der VRT. Also wie es sich auf das Denkvermögen von Über-55-Jährigen auswirkt, wenn sie unterschiedlich lange Abschnitte ihres Tages für Bewegung, Sitzen und Schlafen verwenden.
Das wichtigste Ergebnis der Studie: Schon fünf Minuten mäßige bis intensive Bewegung mehr pro Tag können in Zusammenhang gebracht werden mit einem verbesserten Denkvermögen. Sprich: Die Testpersonen, die sich stärker körperlich betätigten, hatten ein messbar besseres Kurzzeitgedächtnis und konnten auch besser denken, planen und sich konzentrieren. Diese Art von Fähigkeiten werden von Neurowissenschaftlern auch als "exekutive Funktionen" oder Prozesse bezeichnet. Und es ist genau diese Art von Prozessen, die das Altern häufig besonders stark in Mitleidenschaft zieht.
Und das Umgekehrte gilt auch: Bei Personen, die sich weniger bewegten und stattdessen mehr schliefen oder saßen, wurde eine Verschlechterung der geistigen Fitness beobachtet, zumindest was die gerade genannten exekutiven Funktionen des Gehirns betrifft. Wobei Marent auch betont, dass deutlich umfangreiche Studien notwendig sind, um ein klareres Bild zu bekommen beziehungsweise wirklich einen kausalen Zusammenhang nachzuweisen.
Und noch ein wichtiger Punkt: Die vorliegende Studie hat sich ausschließlich mit Über-55-Jährigen beschäftigt, inwiefern das Ganze auf jüngere Menschen zutrifft, ist also ebenfalls unklar. Aber es sei bekannt, dass allgemein gesprochen Bewegung gesund sei für Geist und Körper. Er könne also auch Unter-55-Jährigen nur ans Herz legen, sich mit ihrer Tageseinteilung zu befassen. Und dabei zu prüfen, ob sich irgendwo mehr Bewegung einbauen lasse oder ob vorhandene Bewegungsperioden intensiviert werden könnten.
Kleine Veränderungen reichen
Aber zurück zu den Über-55-Jährigen: Etwas mehr mäßige bis intensive Bewegung bedeute auch nicht, dass man gleich richtig Sport machen müsse, unterstreicht Marent. Manchmal reichten schon kleine Veränderungen, die ohne große Probleme in den Alltag integriert werden könnten.
Als mäßige Bewegung zähle schon alles, was einen etwas erhöhten Puls beziehungsweise Herzschlag bewirke. Also zum Beispiel zur Arbeit radeln oder laufen, anstatt zu fahren, oder öfter mal die Treppe nehmen – alltägliche Aktivitäten eben.
Dabei spiele es auch keine Rolle wie man sich den Tag einteile, oder woher man die zusätzlich benötigte Zeit nehme, also von welcher anderen Aktivität. Wichtig sei nur, dass sie in intensivere körperliche Betätigung fließe.