Sechs Tische, fünf Herren, eine Dame und jeweils fünf Minuten Zeit, um sich mit diesen Herren und der Dame über alles zu unterhalten, was man wollte: Dieses Szenario erwartete die Interessenten, die am späten Mittwochnachmittag in den Veranstaltungssaal der Deutschen Botschaft in Brüssel gekommen waren.
Diplomatisches Speed-Dating nannte sich das Event – und das aus zwei Gründen. Speed-Dating, weil das Format der fünf Minuten Zeit, um sich mit einer Person zu unterhalten und dann einer anderen Person Platz zu machen, den Speed-Dating-Formaten ähnelt, die bei der Partnersuche oder auch Jobbörsen praktiziert werden. Diplomatisch, weil tatsächlich vier Botschafter und ein Botschaftsrat im Angebot waren. Ergänzt durch eine Senatorin.
Die zudem alle sechs eins gemeinsam hatten: Alle vertraten ein Land, in der Deutsch offizielle Landessprache ist. Die Botschafter aus Deutschland, Österreich, Luxemburg und Liechtenstein waren genauso anwesend wie Botschaftsrat Leonard Graf aus der Schweiz und Liesa Scholzen als Senatorin der Deutschsprachigen Gemeinschaft.
Wie Liesa Scholzen sich auf dieses Speed-Dating vorbereitet hatte? "Überhaupt nicht (lacht). Ich lasse es wirklich komplett auf mich zukommen. Man hat mir gesagt, dass es ein lockerer Austausch wird. Dass die Personen, die heute hier teilnehmen, ihre Fragen stellen können. Egal in welche Richtung. Und das ist ja auch für uns mal spannend. Dann ist es nicht so in einem Thema eingegrenzt. Also, ich freue mich auf jeden Fall."
Und dann ging es los. Sechs Besucher nahmen an den Tischen Platz, an denen Scholzen und die fünf Herren auf sie warteten, tauschten sich fünf Minuten mit ihnen aus, bevor ein lautes Klatschen den Wechsel der Gesprächsteilnehmer signalisierte.
So ging es eineinhalb Stunden lang. Kein einziges Mal blieb einer der Stühle leer, auf die sich die Besucher für ein Gespräch mit den Diplomaten oder Scholzen setzen konnten.
Deutsche Muttersprachler bildeten dabei die Mehrzahl der Interessenten, aber auch einige Belgier mit Französisch oder Niederländisch als Muttersprache waren gekommen. Wie zum Beispiel Thibault Cirrier, Lehrer für Deutsch- und Englisch an einer Schule in Brüssel, der mit einer Gruppe Deutschschüler an dem Speed-Dating teilnahm: "In Brüssel gibt es nicht so viele Aktivitäten auf Deutsch. Deshalb war es schön, an diesem Event teilzunehmen."
Ohne Scheu nahmen die Brüsseler Schüler tatsächlich rege an dem Speed-Dating teil. Über sein Gespräch mit dem Deutschen Botschafter Martin Kotthaus sagte der 18-jährige Léonhard am Mikro des BRF: "Ich haben ihn über sein Metier gefragt. Weil ich noch nicht weiß, was ich machen will. Aber ich bin gut in Sprachen. Deshalb wollte ich wissen, was er macht. Um ein bisschen zu wissen, wie das System geht und wie sein Alltag aussieht."
Bei Senatorin Liesa Scholzen erkundigten sich viele Teilnehmer über verschiedene Aspekte der DG und der deutschen Sprache in Belgien. Wie zum Beispiel Kevin aus Oldenburg und Sophie aus Jena, die beide zurzeit in Belgien arbeiten und wohnen.
Kevin: "Ich habe sie vor dem Hintergrund der 'Woche für Deutsch' folgendes gefragt: Diese Woche ist ja ein Zeichen dafür, dass die deutsche Sprache in Belgien eine wichtige Sprache ist, die national auch anerkannt ist. Und dieses Programm dient ja dazu, mehr Leuten davon zu erzählen. Und ich wollte daher wissen, ob über den Zeitraum, seitdem diese Aktion in Gang gesetzt wurde, mehr Leute sich dafür interessieren, diese Sprache zu lernen und sich mit Ostbelgien auseinanderzusetzen. Und die Antwort war: Ja!"
Sophie: "Ich fand es interessant, dass es im Unterricht an den Schulen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft sowohl darum geht, natürlich Deutsch zu fördern, aber auch ganz klar gesagt wird: Wir müssen auch Französisch fördern. Wir müssen Französisch lernen. Denn wir leben in einem mehrsprachigen Land, und da gehört es auch für mich als Identität zu diesem Land dazu, mehrsprachig zu sein. Das fand ich spannend, so zu hören."
Der deutsche Botschafter Martin Kotthaus als Gastgeber des Speed-Dating zog nach dem letzten Gespräch eine positive Bilanz: "Mein Eindruck war, dass die meisten eigentlich ganz zufrieden waren. Es ist zumindest keiner nicht-lächelnd vom Tisch weggegangen. Und wir haben alles Mögliche diskutiert. Von meiner persönlichen Karriere über deren Karriereperspektiven. Was kann man Jobtechnisch machen. Aber auch: Was betrifft Belgien und Deutschland. Was für Kooperationen gibt es da. Wie ist das Verhältnis. Es hat immer Spaß gemacht. Weil jeder immer echt interessiert war. Es waren gute Gespräche. Mir hat das persönlich auch Spaß gemacht."
Ein Fazit, dem sich Liesa Scholzen anschloss, und mit Bezug auf die vielen Fragen, die ihr zur Deutschsprachigen Gemeinschaft als deren Vertreterin gestellt worden waren, auch noch sagte: "Ich denke schon, dass viele Leute heute nach Hause gehen mit dem Bewusstsein, es gibt die Deutschsprachige Gemeinschaft und sie hat auch was zu bieten. Das freut mich dann schon, dass ich das dann hier so präsentieren konnte."
Kay Wagner