Die Ziele der Bahn sind klar: 30 Prozent mehr Passagiere bis 2030 - und eine deutlich bessere Auslastung der Züge in den Nebenverkehrszeiten, an Wochenenden und an Feiertagen. Und vor allem soll das bisher oft verwirrende Tarifsystem deutlich einfacher und transparenter werden.
Das bedeutet erst mal, dass es diverse Tarife in Zukunft nicht mehr geben wird, wie SNCB-Kundendienst-Direktor Marc Huybrechts in der RTBF aufzählt: Ab Mitte Oktober wird man nämlich zum Beispiel keine Tickets für Unter-26-Jährige und Senioren zum Pauschalpreis mehr kaufen können, und auch die verschiedenen Multi-Angebote, also die Zehner-Tickets, verschwinden.
Die entsprechenden Rabatte werden aber nicht etwa ersatzlos gestrichen – sie werden durch andere Systeme ersetzt. Die neuen Tarife seien vorteilhafter, sogar auf kurzen Strecken, verspricht der Kundendienstdirektor. Lange Strecken werden sogar ein paar Euro günstiger. Junge Menschen unter 26 und Senioren über 65 bekommen außerdem immer einen Rabatt von 40 Prozent auf ihre Tickets. Die gleiche Regelung gilt auch für Menschen, die Anspruch auf eine erhöhte Kostenbeteiligung haben.
Unter-26-Jährige werden in Zukunft auf keinen Fall mehr bezahlen als bisher, versichert auch Bahn-Sprecher Dimitri Temmerman in der VRT. Und auch für Senioren verbessere sich das Angebot. Bisher hätten sie für ihren Rabatt morgens nicht vor neun Uhr losfahren dürfen und hätten auch immer Hin- und Rückfahrt kaufen müssen. Damit sei nun Schluss.
Der große Clou ist aber eine neue Rabattkarte, die den Namen "Train+" trägt. Für junge Menschen, Senioren und Personen mit Recht auf Ermäßigung wird Train+ vier Euro pro Monat kosten beziehungsweise 32 Euro pro Jahr. Für alle anderen sechs Euro pro Monat beziehungsweise 48 Euro pro Jahr. Und bis Ende des Jahres soll die Karte als Einstiegsangebot außerdem zum halben Preis angeboten werden.
Bei Train+ handelt es sich um eine personengebundene Rabattkarte, die den Ticketpreis unter anderem für die Nebenverkehrszeiten und am Wochenende um 40 Prozent senkt. Unter-26-Jährige und Senioren können diesen Rabatt außerdem mit ihrem schon vorhandenen Rabatt kombinieren, was insgesamt eine Ersparnis von bis zu 64 Prozent auf den Normalpreis ermöglichen wird.
Aber Train+ gewährt nicht nur einen Rabatt, es deckelt auch den Maximalpreis für eine Fahrt. Konkret bedeutet das: Erwachsene zahlen mit der Rabattkarte höchstens 14 Euro pro Strecke, junge Menschen und Senioren sogar höchstens 5,50 Euro. Und zwar unabhängig von der Uhrzeit, wie der SNCB-Sprecher unterstreicht. Das werde das Bahnfahren für viele Menschen also günstiger machen.
"Viele" bedeutet aber natürlich nicht das Gleiche wie "alle". Die SNCB gibt an, dass 70 bis 80 Prozent der Reisenden in Zukunft weniger oder gleich viel wie bisher bezahlen werden. 20 bis 30 Prozent der Passagiere werden nach dieser Rechnung aber eben tiefer in die Tasche greifen müssen.
Freuen können sich auch noch sogenannte Mini-Gruppen mit vier bis 15 Personen. Sie erhalten in Zukunft in Nebenverkehrszeiten und am Wochenende nämlich ebenfalls einen 40-Prozent-Rabatt.
Und schließlich gibt es auch noch eine kleine Änderung bei der Fahrradmitnahme. Die wird in Nebenverkehrszeiten einen Euro billiger, während der Hauptverkehrszeiten einen Euro teurer. Die Mitnahme von Klapp- und Falträdern bleibt kostenlos.
Die Bahn geht mit der massiven Änderung ihrer Tarife allerdings auch ein gewisses Risiko ein. Sie geht nämlich davon aus, dass ihre Einnahmen durch die neuen Rabatte in einer ersten Phase sinken werden. Das Ziel sei aber, das über die erwartete Steigerung der Passagierzahlen zu kompensieren.
Die Bahn hat auch eine Webseite eingerichtet, auf der man schon mal simulieren kann, welches Ticket oder Abo künftig am günstigsten sein könnte für die jeweils eigenen Bedürfnisse. Außerdem sollen Kundendienstmitarbeiter an den Bahnhöfen den Reisenden das neue System erklären.
Boris Schmidt