Die Energiepreise sind derzeit in aller Munde. Wenn nicht gerade die Spritpreise wieder neue Rekordstände erreichen, dann sind es die Strom- und Gasrechnungen, die in die Höhe schnellen.
Eben diese Preissteigerung hat jetzt mal die Zeitung La Libre Belgique anschaulich gemacht. Das Ergebnis ist beeindruckend: Eine vierköpfige Familie in der Wallonie mit einem Verbrauch von 3500 KwSt/Jahr bezahlte im März vergangenen Jahres beim Anbieter Lampiris 607 Euro, bei Electrabel 663 Euro für ihre Stromrechnung.
Im März dieses Jahres war das bei beiden Anbietern zwischen zehn und elf Prozent mehr. Beim Gas: Ein ähnliches Bild. Bis August dieses Jahres, also innerhalb der nächsten vier Monate könnte sich der Gaspreis je nach Anbieter zwischen acht und zwölf Prozent erhöhen.
Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig und im Wesentlichen bekannt: Im Grunde ist es so, dass allein der Ölpreis alle anderen Energieträger mitzieht.
Vor dem Hintergrund der galoppierenden Energiepreise hat man sich im Nachbarland Frankreich jetzt zu einer drastischen Maßnahme entschlossen: Die Energiepreise werden erst mal eingefroren. In der Zwischenzeit werden die Mechanismen, die die Preisentwicklung beeinflussen durchleuchtet und gegebenenfalls einer Reform unterzogen.
Französische Maßnahme in Belgien noch nicht geplant
Vergleichbares ist in Belgien derzeit nicht geplant. Die Regierung will ja viel mehr so eine Art Sicherheitsnetz schaffen: Demnach dürfen die Preise nur noch vier Mal pro Jahr angehoben werden. Darüber hinaus wird die jeweilige Begründung der Anbieter von der Regulierungsbehörde CREG und der Nationalbank auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft. In dem Moment kann dann auch mit der Preisentwicklung in den Nachbarländern verglichen werden. Und gegebenenfalls kann eben auch eine Preiserhöhung verweigert werden.
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Anbieter nicht sonderlich glücklich mit dieser Maßnahme sind. Allen voran Electrabel. Man sei zwar bereit, das Spiel mitzuspielen, wird ein Electrabel-Sprecher zitiert. Die Frage sei aber erlaubt, ob eine solche Preiskontrolle zu vereinbaren sei mit einem liberalisierten System.
Dabei stellen sich andere längst die Frage, ob es nicht Electrabel selbst ist, das sich nicht an die Spielregeln hält. Fakt ist: Die sieben belgischen Atomreaktoren, die ja von Electrabel betrieben werden, sind längst abgeschrieben. Der ursprüngliche Deal sah wie folgt aus: Der belgische Verbraucher nimmt in einer ersten Phase höhere Strompreise in Kauf. Dafür sind aber auch die Meiler dann schneller bezahlt. Mittelfristig hätte man dann in Belgien die Früchte geerntet in Form von niedrigeren Strompreisen.
Genau das ist erwiesenermaßen nicht passiert. Deswegen auch der Vorwurf an Electrabel, die belgischen Verbraucher im Grunde zweimal zu Kasse zu bitten und über diesen Weg saftige Gewinne einzustreichen.
Deswegen wird Electrabel ja auch seit einiger Zeit dazu verpflichtet, eine Art Atom-Abgabe zu entrichten. Bislang sind das 250 Millionen Euro. Das allerdings könnte viel mehr sein, meinen Kritiker und berufen sich auf besagte saftige Gewinne.
Zwei Zahlen - welche stimmt?
Doch genau da liegt das Problem: In diesem Zusammenhang kursieren zwei Zahlen. Electrabel gibt seinen Gewinn mit 750 Millionen an, von denen 650 Millionen letztlich für Electrabel selbst sind. Die Regulierungsbehörde CREG, die ja den liberalisierten Energiemarkt überwachen soll, geht von mehr als doppelt so hohen Zahlen aus. Der Gewinn bewege sich demnach zwischen 1,7 und knapp zwei Milliarden Euro.
"Wer hat recht?" Das hatte sich auch schon der föderale Energieminister Paul Magnette gefragt. Die Nationalbank wurde also damit beauftragt, hier endlich verbindliche Zahlen zu liefern.
Die sollten Ende März eigentlich vorliegen, doch hat die Nationalbank die Frist offensichtlich verstreichen lassen.
Vielleicht auch vor diesem Hintergrund hat sich jetzt einer der vier Direktoren der CREG zu Wort gemeldet: Guido Camps, bei der Regulierungsbehörde eben für die Preisentwicklung zuständig. Und der machte in der Zeitung De Standaard klar: Wenn man am Ende der Rechnung von Electrabel Glauben schenke, dann werde er sofort von seinem Amt zurücktreten. Das sei auch eine Frage der Glaubwürdigkeit: Er könne doch nicht Electrabel in regelmäßigen Abständen in die Parade fahren, um dann am Ende desavouiert zu werden.
Wenn es allerdings anders kommt, wenn die Nationalbank auch zu dem Schluss kommt, dass Electrabel über Jahre hinweg auf dem Rücken der belgischen Stromkunden viel höhere Gewinne gemacht hat, als angegeben, und die dann an das Mutterhaus in Frankreich geschleust hat, dann könnte es teuer werden. Für diesen Fall plädiert der Regulierer für strenge finanzielle Sanktionen gegen den Stromproduzenten.
In einem Punkt sind jedenfalls zumindest unabhängige Experten einig: Die Liberalisierung des belgischen Energie- insbesondere des Strommarktes ist gescheitert. Und der Markt scheint zudem so undurchsichtig zu sein, dass selbst die Nationalbank ihn nicht ausleuchten kann. Unter diesen Umständen die dringend nötige Energiewende einzuleiten, erscheint schwierig bis unmöglich.
Der Leitartikler von De Standaard hätte da eine Lösung: Warum schafft man nicht einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der die sichtbaren und unsichtbaren Fäden hier entwirren könnte?
Es sieht jedenfalls so aus, als könnte sich in Sachen Strompreis hierzulande bald etwas tun...
Bruno Fahy (belga)
"Es sieht jedenfalls so aus, als könnte sich in Sachen Strompreis hierzulande bald etwas tun…"
Unfähige Nationalbank, Rücktrittsdrohung von inkompetenten Marionetten (im Volksmund auch Frühstücksdirektoren genannt), versumpfte KO-Politiker. Da wird sich, diesmal ohne Wenn und Aber, etwas tun: Die Strompreise werden massiv steigen. Wetten dass?
GERHARD MEYER an die Macht!!! Dann wird sich alles zum Besseren wenden.
Es witzig zu hören, dass der Staat mit Electrabel einen konflekt hat. Wenn man bedenkt, das einige hohe Politiker im Aufsichtsrat von Electrabel sitzen.
Das dies stinkt ist ziemlich offensichtlich.
Sol sich Elio Dirupo doch um dieses Problem kümmern. Schließlich sitzt er nicht umsonst im Aufsichtsrat und kassiert dafür heiden Geld. Oder soll er für Electrabel bloß die kohlen aus dem Feuer holen 🙂
@ Rainer Warnier:
Vielen Dank für Ihr Vertrauen. Solche Wähler -- wünscht sich jeder Politiker. Leider bin ich nicht korrupt.