Dass die Russen alles leugnen, ist ein altbekanntes Muster. Das verfängt aber nur noch bei den wenigsten Menschen. Für Premierminister Bart De Wever war schon am Mittwoch klar, dass die russischen Drohnen im polnischen Luftraum kein Unfall waren. Dafür seien es viel zu viele gewesen, so De Wever. Das zeige auch, dass Russland nicht das geringste Interesse an Frieden habe und die Nato provozieren wolle.
In die gleiche Kerbe schlug am Donnerstag Verteidigungsminister Theo Francken im Interview mit der VRT: Selbstverständlich sei das Eindringen der russischen Drohnen in den polnischen Luftraum eine gezielte Aktion gewesen, auch wenn Moskau das wieder abstreite.
Und auch für Außenminister Maxime Prévot war bei der RTBF klar, was sich da abgespielt hatte: "Das ist eindeutig eine Verletzung der polnischen Souveränität gewesen mit Drohnen, die aus Russland gekommen sind." Selbst wenn manche es bisher nicht hätten glauben wollen: Der russische Angriffskrieg sei wirklich eine sicherheitstechnische Herausforderung für ganz Europa. Mit allen Konsequenzen, die das mit sich bringe.
"Test" für Nato
Einig sind sich beide Minister auch darin, dass es sich um einen Test der Verteidigungsbereitschaft der Nato durch die Russen gehandelt hat, und nicht um einen Angriff, der materielle Schäden anrichten oder Menschen töten sollte. Es sei eine Art Erkundungsmission oder Test gewesen, der alle wachgerüttelt habe, unterstreicht Francken. Aber es sei kein Überraschungsangriff gewesen. Das mache schon der Umfang der Operation deutlich, dafür seien 19 Drohnen einfach zu wenig.
Wenn die Russen einen echten Überraschungsangriff starten wollten, dann würden sie 2.000 oder mehr Drohnen schicken, mit Marschflugkörpern und ballistischen Raketen. Das erkläre im Übrigen auch, warum die polnischen und die Nato-Streitkräfte nur etwa ein Drittel der russischen Drohnen habe unschädlich machen können. Weil offensichtlich gewesen sei, dass man es nicht mit einem echten Angriff zu tun hatte, habe man mit weniger Material und Dringlichkeit gehandelt. Andernfalls hätte man viel massiver und schneller reagiert.
Nato muss sich auf Drohnen umstellen
Dennoch räumt der Verteidigungsminister ein, dass bei der Reaktion der Nato noch viel Luft nach oben ist: "Drohnen, die 10.000 Euro kosten, mit teuren westlichen Raketen abzuschießen, die eine halbe Million pro Stück kosten, das ist einfach nicht durchzuhalten." Auch die Nato müsse sich umstellen, so wie es die Ukrainer gezwungenermaßen vorgemacht hätten.
Man brauche unbedingt genug bezahlbare und schnelle Anti-Drohnen-Technologie, die vor allem auch mit der technischen Entwicklung Schritt halte. Denn die Evolution der Drohnen im Ukraine-Krieg sei wirklich schwindelerregend schnell. Gerade Belgien stehe da auch nicht gut da: "Belgien hat für die Luftverteidigung im Prinzip nichts außer seinen F-16-Kampfflugzeugen, keine Patriot- oder NASAMS-Abwehrsysteme. Das ist zum Fürchten", beklagt Francken.
Belgisches Militär an Abwehr russischer Drohnen beteiligt
Auch deswegen setze Belgien voll auf die Entwicklung von Drohnen- und Anti-Drohnen-Technik. Man habe selbst Experten vor Ort in der Ukraine, um über die neuesten Entwicklungen informiert zu bleiben.
Belgier hätten am Mittwoch übrigens auch bei der Abwehr der russischen Drohnen über Polen geholfen, hebt der Minister noch hervor. Demnach wurden belgische Piloten eingesetzt, um die F-35-Kampfjets in der Luft zu betanken.
vrt/belga/sh