Arbeitsgrundlage für das Abkommen der Föderalregierung zum Gaza-Krieg war eine Note von Außenminister und Les-Engagés-Vizepremier Maxime Prévot, der sich entsprechend positiv äußerte. Es habe Fortschritt geben müssen bezüglich einer Anerkennung Palästinas als Staat - das sei erreicht worden, so Prévot in der RTBF.
Man habe strenger werden müssen gegenüber Israel in puncto Sanktionen angesichts der dringlichen humanitären Lage in Gaza - auch das sei erreicht worden. Belgien habe alle Hebel genutzt, die zur Verfügung stünden. Damit habe Belgien wahrscheinlich eine der entschiedensten Positionen zum Gaza-Krieg in Europa eingenommen.
Dieses Maßnahmenpaket werde auch im Rest Europas zur Kenntnis genommen werden, so auch der erleichterte CD&V-Chef Sammy Mahdi in der VRT. Er sei überzeugt, dass die Regierung mit ihrer Entscheidung mehr mache, als nur ein Signal auszusenden. Es seien Maßnahmen, die Israels Regierung zusammengenommen zumindest spüren werde - und die hoffentlich andere europäische Länder motivieren könnten.
Der Vorsitzende von Vooruit, Conner Rousseau, glaubt zwar nicht, dass die Sanktionen Israel weh genug tun werden, um den Krieg zu beenden, aber es sei zumindest ein starkes Signal. Und Belgien gehöre jetzt im Gegensatz zu vorher zu denjenigen in Europa, die mehr Druck auf Israel ausübten.
Der MR ist vor allem eines wichtig: zu betonen, dass die Anerkennung Palästinas als Staat an zwei Bedingungen geknüpft ist, die für die Partei sehr wichtig seien, so Vizepremier David Clarinval: die Freilassung aller verbleibenden israelischen Geiseln und dass die Hamas in Palästina nirgends mehr mitregieren werde.
Das sei für Vooruit ebenfalls sehr wichtig, unterstrich in diesem Zusammenhang noch der Vizepremierminister der frankophonen Sozialisten, Frank Vandenbroucke. Der Würgegriff der Hamas in Gaza müsse enden. Denn so gebe es keine Lösung und auch keine Perspektiven.
Die Opposition sieht das Ganze derweil naturgemäß ganz anders: Für ihn sei das sehr viel "Shitshow" gewesen, so etwa der Open VLD-Kammerabgeordnete Kjell Vander Elst. Viel zu lange seien Zweifel gesät und Zeit verschwendet worden. Angesichts der Tatsache, dass die Anerkennung Palästinas wieder an Vorbedingungen geknüpft werde, sei das zu schwach und zu wenig.
Das ist im Prinzip auch der Tenor anderer Oppositionsparteien: Eine Anerkennung mit Auflagen sei keine Anerkennung, so etwa PS-Chef Paul Magnette. Die Föderalregierung weigere sich so, etwas zu entscheiden und lasse damit Netanjahu freie Hand. Belgien entscheide sich, auf der falschen Seite der Geschichte zu stehen.
Die Einigung diene vor allem dazu, die Regierungskoalition zusammenzuhalten, kritisierte auch der Groen-Vorsitzende Bart Dhondt. Hier gehe es nicht darum, den Palästinensern oder Israel ein klares Signal zu senden. Die frankophone Schwesterpartei Ecolo stuft den Deal ebenfalls als hohl ein, der der menschlichen Katastrophe in Gaza absolut nicht gerecht werde.
Es sei zwar gut, dass endlich gesprochen werde, so Peter Mertens von der PTB, aber die Maßnahmen seien enttäuschend. Das sei "too little, too late", zu wenig und zu spät. Es gebe noch immer kein vollständiges wirtschaftliches Embargo und die effektive Anerkennung Palästinas werde auf die lange Bank geschoben.
Boris Schmidt