Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, Haftbefehl gegen den Polizisten zu erlassen, der den tödlichen Unfall mit Fabian verursacht hatte, ist von vielen Mitgliedern der Polizei schlecht aufgenommen worden. Für Freitag haben die Polizeigewerkschaften deshalb auch zu einer Solidaritätsbekundung mit ihrem Kollegen aufgerufen. Das, was ihrem Kollegen passiert sei, könne allen Polizisten bei der Ausübung ihrer Pflichten passieren, so der Tenor.
Der Tod von Fabian sei auch ein Drama für die Polizei, unterstreicht Eddy Quaino von der sozialistischen Polizeigewerkschaft im Interview mit der RTBF. Mehr noch, es sei ein Drama für alle. Es sei auch wichtig, dass das Komitee P, das Aufsichtsorgan der Polizei, und die Justiz in Ruhe und ohne Druck von außen ihre Ermittlungen führen könnten.
Gleichzeitig bittet der Gewerkschafter aber auch darum, sich einmal in die Polizisten auf dem Terrain hineinzuversetzen. Polizisten ständen konstant unter Druck - unter anderem durch den chronischen Personalmangel. Sie sähen sich auch immer häufiger gefährlichen Bedrohungslagen ausgesetzt, nicht nur in Brüssel, sondern im ganzen Land. Kriminelle seien immer gewaltbereiter und zögerten auch nicht, zur Kalaschnikow zu greifen. Das sei die Realität, mit der sich Polizisten im Einsatz heutzutage konfrontiert sähen. Diese Gewalt müsse ebenfalls thematisiert und angeprangert werden - so wie selbstverständlich auch Gewalt vonseiten der Polizei, wo das notwendig sei.
Der Gewerkschafter sieht aber vor allem auch die Politik in der Verantwortung. Die politisch Verantwortlichen verschanzten sich zu oft hinter Empfehlungen. Das habe man zum Beispiel auch beim Untersuchungsausschuss über die Attentate gesehen: viele Empfehlungen, aber letztlich keine Mittel, um sie umzusetzen.
Das sei ein generelles Problem und betreffe auch den Punkt Einsatzfahrten und Verfolgungsjagden. Das Verhalten bei Verfolgungsjagden sei einfach nicht offiziell geregelt. Auch bei der Ausbildung der Beamten gebe es Defizite. Im Prinzip reiche es als Polizist, einen Führerschein zu haben. Aber das gebe einem natürlich nicht automatisch alle benötigten Fähigkeiten am Steuer.
Als Gewerkschaften bemühe man sich auch um zusätzliche entsprechende Ausbildungen. Aber das koste natürlich wieder Geld. Da sei oft wenig zu machen angesichts chronischer Unterfinanzierung. Aufeinanderfolgende Regierungen hätten nichts getan für die Polizei in puncto Ausbildung, Personal und Material. Das stelle die Polizei bei ihrer Arbeit vor gewisse Realitäten.
Ein anderer Punkt ist Eddy Quaino auch noch wichtig: das Prinzip der Nachbarschaftspolizei. Man habe einfach nicht genug Revierpolizisten, um sich wirklich mit den lokalen Organisationen und Geschäftsleuten zu vernetzen. Das mache es natürlich auch schwieriger, die Lage einzuschätzen und akzeptiert zu werden. Seiner Meinung nach stimme es nicht, dass es grundsätzlich Probleme gebe zwischen der Polizei und den jungen Menschen in den Vierteln. Mit einer echten Nachbarschaftspolizei sei es durchaus möglich, Verbindungen aufzubauen. Das sei auch etwas, auf das man nun verstärkt setzen müsse, so Quaino.
Boris Schmidt