Brüssel, Molenbeek und bald auch Anderlecht: Die Frage nach dem Kopftuch ist in diesen Brüsseler Stadtgemeinden wieder aktuell.
Im März hatte die Stadtgemeinde Brüssel den Anfang gemacht. Da legten Gemeinderatsmitglieder der flämischen Partei Team Fouad Ahidar den Antrag vor, Lehrerinnen an Gemeindeschulen das Tragen des Kopftuchs wieder zu erlauben.
Begründung: Das Verbot sei zum einen diskriminierend und würde zum anderen dazu beitragen, dass immer weniger junge Frauen den Wunsch haben, Lehrerin zu werden.
Von den anderen Parteien unterstützten nur die Grünen den Antrag - das Thema war damit erst mal wieder vom Tisch.
Aktuell ist der Gemeinderat von Molenbeek mit dem gleichen Anliegen von Mitgliedern des Team Fouad Ahidar beschäftigt. Und hier diskutiert die klar links dominierte Gemeinderatsmehrheit aus PS, Vooruit und PTB, wie man am besten auf die Forderung eingehen kann.
Nächste Woche Donnerstag ist dann Anderlecht dran. Für die Gemeinderatssitzung an diesem Tag steht der Antrag des Teams Fouad Ahidar auch in Anderlecht auf dem Programm.
Für die MR-Politikerin Valérie Glatigny, die Bildungsministerin der Französischen Gemeinschaft, die für die Schulen in Brüssel, Molenbeek und Anderlecht die Oberaufsicht führt, sind das alles keine erfreulichen Nachrichten. "Ich bedauere den Rückschritt bei der Neutralität, von dem ich in Bezug auf den Lehrkörper gehört habe. Dass man zum Beispiel gefordert hat, dass Lehrer religiöse Symbole in der Schule tragen dürfen. Ich nehme an, dass dies aus wahltaktischen Gründen passiert", erklärte sie in der RTBF.“
Tatsächlich ist die politische Gruppierung Team Fouad Ahidar darum bemüht, gerade die Anliegen muslimischer Bürger zu vertreten. Ihr Gründer Fouad Ahidar hatte sich zum Beispiel gegen das Verbot des Schächtens von Tieren ohne vorherige Betäubung gestellt. Seine damalige Partei, die flämischen Sozialisten von Vooruit, forderten damals aber das Verbot.
Mit seiner eigenen Bewegung erzielte Ahidar bei den vergangenen Wahlen vor knapp einem Jahr Achtungserfolge, zog in mehrere Gemeinderäte in Brüssel und sogar in das Brüsseler Regionalparlament ein.
Von daher scheint Glatignys Verdacht der bewussten Oppositionspolitik mit Blick auf die muslimische Wählerschaft in Brüssel gerechtfertigt zu sein. Aber die Ministerin ist schon dabei, auf das Wiederaufflammen der Kopftuchdebatte zu reagieren.
"Ich werde im Juni der Regierung einen Gesetzesvorschlag vorlegen, in dem ich das Tragen religiöser Symbole im öffentlichen Schulwesen verbieten werde. Ziel ist es, dass das Tragen dieser religiösen Symbole für Lehrer an öffentlichen Schulen zu Beginn des Schuljahres 2026/27 in Kraft treten kann."
So ein Vorschlag hätte sicher gute Aussichten auf Erfolg, denn in der Französischen Gemeinschaft bilden Glatignys MR und Les Engagés die Regierung. Beide sind gegen das Tragen religiöser Symbole im öffentlichen Dienst.
Auf die Frage, ob Glatigny auch versuchen werde, das Tragen religiöser Symbole auch für Schüler zu verbieten, antwortete Glatigny ausweichend. "Ich werde so weit gehen, wie möglich. Denn ich denke, dass bei solchen Fragen die Vorschriften immer so klar und umfassend wie möglich sein sollen, damit sie respektiert werden. Aber man darf nicht vergessen, dass Politik die Kunst ist, die versucht, das zu ermöglichen, was möglich ist."
Kay Wagner