"Das Osterabkommen umfasst doch einige Reformen, die man mit Fug und Recht als historisch bezeichnen kann": Sichtlich erleichtert konnte Premierminister Bart De Wever in der Nacht zum Samstag in der Rue de la Loi Weißen Rauch verkünden. Seine Regierung hatte ihr "Osterabkommen" geschnürt. Und das sogar schon zum Palmsonntag. Wobei man wissen muss, dass in Flandern am Freitag tatsächlich die Osterferien begonnen haben.
Ein "Osterabkommen" also, und das ist zugleich der erste wirkliche Haushaltsplan, den die neue Equipe geschnürt hat. Denn hier ging es um nicht mehr und nicht weniger als die "Verschriftung" der Koalitionsvereinbarungen. Das Resultat sei entsprechend, sagte De Wever in der VRT. Es sei ein doch sehr umfangreiches Abkommen geworden: ein wahres Telefonbuch an Gesetzestexten, 500 Artikel auf 300 Seiten.
Die wohl sichtbarste Reform ist die zeitliche Befristung des Arbeitslosengeldes. Das sei eigentlich das Herzstück des Osterabkommens, sagt De Wever. "Wir waren das letzte Land, in dem man ein Leben lang hauptberuflich arbeitslos sein konnte", fügt er polemisch hinzu.
Ab jetzt gilt: Nach zwei Jahren verlieren Arbeitslose ihr Anrecht auf Arbeitslosengeld. Über 55-Jährige sind da die Ausnahme, sofern sie mindestens 30 Berufsjahre aufweisen können. In der Praxis werde es so sein, dass Menschen, die ihren Job verlieren, zunächst für die Dauer von sechs Monaten ein höheres Arbeitslosengeld beziehen werden als bisher, betonte Vizepremier Maxime Prévot (Les Engagés) in der RTBF. Auf diese Weise wolle man den Schock abfedern, damit sich der Betreffende in Ruhe nach einem neuen Job umsehen könne.
Nach diesen sechs Monaten sinken die Bezüge dann aber schneller und nach zwei Jahren ist ganz Schluss. Mit dieser Maßnahme will die Regierung die Menschen dazu "ermuntern", sich wieder einen Job zu suchen. Als Ziel hat sich die Koalition ja eine Beschäftigungsrate von 80 Prozent gesetzt. Bis zum Ende der Legislaturperiode sollen acht von zehn Menschen im arbeitsfähigen Alter tatsächlich auch im Berufsleben stehen. Aktuell beläuft sich die Beschäftigungsrate auf etwas mehr als 72 Prozent. Es ist also noch ein weiter Weg.
Die Maßnahme wird zum 1. Januar 2026 in der Praxis wirksam. "Dann werden mit einem Schlag 100.000 Arbeitslose ihre Bezüge verlieren", wird der föderale Arbeitsminister David Clarinval zitiert. "Und Jobs gibt es genug", sagte der MR-Politiker in der RTBF. "Wir haben in diesem Land 170.000 offene Stellen, im Bau-, im Transport- und im Horecasektor, oder auch bei Dienstleistungsschecks-Betrieben. Diese Menschen müssen jetzt verstehen, dass sie eben arbeiten müssen." Ausnahmen sind Menschen, die eine Ausbildung in einem Mangelberuf etwa im Pflegesektor absolvieren. Auch das Künstlerstatut bleibt erstmal erhalten.
Eine andere sichtbare Maßnahme betrifft die Renten: Pensionen ab 5.250 Euro brutto sollen nicht mehr klassisch indexiert werden, sondern werden dann nur noch um eine Pauschale von 36 Euro erhöht.
Neben den sozialwirtschaftlichen Reformen umfasst das Osterabkommen aber auch ein großes Kapitel, das dem Verteidigungsetat gewidmet ist. Die Regierung will jetzt in der Tat schon in diesem Jahr das Zwei-Prozent-Ziel der Nato erreichen. Dafür müssen die Rüstungsausgaben um stolze vier Milliarden Euro erhöht werden, die also zusätzlich obendrauf kommen.
Die Finanzierung steht aber noch auf tönernen Füßen. In diesem Jahr etwa soll das Geld im Wesentlichen über One-Shots reinkommen: eine außerordentliche Dividende der staatseigenen Belfius-Bank, Steuererträge aus den eingefrorenen russischen Vermögenswerten, vielleicht werden auch staatliche Beteiligungen veräußert. Als "strukturell" kann man das aber nicht bezeichnen. "Wir werden uns im Herbst beim Schnüren den Haushalts 2026 wieder mit dem Thema beschäftigen, beteuerte Haushaltsminister Vincent Van Peteghem.
Jetzt geht es aber erstmal in die Osterferien. "Das gilt nicht für mich", sagte Premier De Wever in der VRT. "Aber einige Kollegen werden jetzt mal ein paar Tage Urlaub machen. Und es sei ihnen gegönnt."
Roger Pint