Seit rund sieben Wochen ist die neue Föderalregierung am Ruder, und seitdem wurde bereits an zwölf Tagen bei der Bahn gestreikt. Am Montag ist Streiktag Nummer 13. Am Ende der Woche werden es 19 Streiktage sein.Und die Zeitung La Dernière Heure rechnet vor, dass es bis zum Ende des Sommers sogar bis zu 70 Streiktage bei der Bahn geben könnte. Dann nämlich, wenn es bei all den Streiks bleibt, die die verschiedenen Gewerkschaften bei der Bahn bereits angekündigt haben.
Die Hauptgründe des Protests für alle Gewerkschaften sind die gleichen. Nämlich die geplanten Änderungen beim Renteneintrittsalter und die Neuberechnung der Höhe der Rente. Diese soll niedriger ausfallen als bisher und das Renteneintrittsalter schrittweise von aktuell 55 Jahren auf 67 Jahre angehoben werden. Die Leitung der SNCB hat wenig Verständnis für die vielen Streiks als Mittel, um die Föderalpolitiker zum Einlenken zu bewegen. Bart Crols, Sprecher der SNCB, sagte Sonntagabend bei der VRT: "Es geht den Gewerkschaften um einen Protest gegen Maßnahmen der neuen Föderalregierung. Da wäre es doch besser, dass die Gewerkschaften sich mit der Regierung an den Verhandlungstisch setzen, statt die Bahnkunden zu bestrafen."
Erste Gespräche zwischen Gewerkschaften und Ministern der Föderalregierung hat es auch schon gegeben. Aber in der Summe sind sie so verlaufen, dass die Gewerkschaften es weiter als notwendig ansehen, den Druck durch Streiks hoch zu halten. Wobei die Gewerkschaften nicht als Einheitsfront auftreten. Zwar sind ihre Forderungen mehr oder weniger gleich. Doch waren es vor einer Woche noch die beiden größten Gewerkschaften bei der SNCB, die sozialistische und die christliche, so ist es am Montag die relativ kleine Gewerkschaft METISP-Protect mit rund 1.600 Mitgliedern, die zum Streik aufgerufen hat und damit eine Woche lang der Bahnverkehr beeinträchtigen wird.
Was Bahnsprecher Crols unverantwortlich findet und als völlig unverhältnismäßig bezeichnet mit Blick auf die täglich 900.000 Nutzer der Bahn. Zumal die Bahn ihren Kunden noch nicht einmal für alle Streiktage jetzt schon sagen könne, wie die Beeinträchtigungen denn genau aussehen werden.
"Wir planen das von Tag zu Tag", sagt Bahnsprecher Crols. "Wir haben jetzt erst mal einen Plan aufgestellt für Montag und und Dienstag unter Berücksichtigung der Mitarbeiter, die gesagt haben, dass sie zur Arbeit kommen werden. Für alle weiteren Tage einschließlich Sonntag werden wir das auch so machen."
Am Montag und Dienstag leidet vor allem der Nahverkehr unter dem Streik. Am stärksten sind die P-Züge betroffen, die normalerweise extra zu den Stoßzeiten zusätzlich eingesetzt werden, damit alle Pendler pünktlich zur Arbeit kommen können. Ob das bis Ende der Woche so bleibt und auf welche Züge sich die Streikaktionen dann am Wochenende konzentrieren, an dem die P-Züge ja ohnehin nicht fahren, kann die SNCB noch nicht sagen. Weshalb Bahnsprecher Crols allen Bahnreisenden rät, vor einer geplanten Reise auf die Internetseite oder die App der SNCB zu schauen. Um sicherzugehen, dass die Fahrt mit der Bahn tatsächlich möglich ist, oder wegen des Streiks eben nicht.
Kay Wagner