Mit dem Strom zu schwimmen, das war noch nie das Markenzeichen der kommunistischen PTB - und schon gar nicht von ihrem Parteichef Raoul Hedebouw. Von daher verwundert es nicht, dass sich Hedebouw auch jetzt als quasi einziger Parteichef gegen die zusätzlichen Milliarden für die Stärkung des belgischen Militärs stellt.
"Ich habe genug von dieser Einheitsmeinung aller Parteien heutzutage", sagte Hedebouw am Montagmorgen bei der RTBF. "Krieg, Krieg, Militarisierung. Vor einer gewissen Zeit gab es immerhin noch die Grünen, die ein bisschen pazifistisch waren. Aber selbst die rufen jetzt dazu auf, mehr Geld in die Armee zu stecken."
Dass die Verteidigung von Belgien bzw. von Europa nötig sei, das stellt Hedebouw bei seiner Kritik nicht in Frage. Verteidigung sei nötig, sagt er. Die Frage sei nur: Sind die 17 Milliarden Euro zusätzliche Investitionen in das belgische Militär, von denen zurzeit gesprochen werde, tatsächlich nötig?
Für den PTB-Chef ist die Antwort klar Nein! Und er begründet das auch. "Wenn man die Ausgaben für das Militär von den europäischen Ländern und von Russland miteinander vergleicht", sagt Hedebouw, "dann sieht man, dass Europa jetzt schon zwei-, dreimal so viel Geld ausgibt, wie Russland. Und wir als PTB verstehen nicht, warum vier-, fünf-, sechs-, siebenmal so hohe Ausgaben uns dem Frieden näherbringen würden. Wo würde so eine Logik dann aufhören?"
Außerdem stört Hedebouw noch eine andere Sache bei der aktuellen Debatte um mehr Geld für das Militär. Nämlich die Feststellung, dass es plötzlich kein Problem zu sein scheint, die Milliarden für das Militär locker zu machen.
"Jahrelang haben Bart De Wever, Charles Michel, all diese Liberalen uns erzählt, dass es kein Geld gibt für die Renten, für öffentliche Investitionen", erinnert Hedebouw. "Dann sagt uns Europa: 800 Milliarden Euro sind notwendig. Und in fünf Minuten finden das alle ganz toll. Das bedeutet: Es war alles gelogen, was man uns in den vergangenen Jahren erzählt hat."
Kurz: Die ganzen Milliarden-Investitionen sind laut Auffassung der PTB falsch. Frieden werde dadurch nicht sicherer, weil Europa schon jetzt militärisch Russland deutlich überlegen sei und der beste Weg zum Frieden sowieso das Verhandeln und Miteinander sprechen seien. Nicht aber Aufrüstung ins Unendliche.
Und auch für die Menschen in Belgien seien die Milliarden-Investitionen nicht gut. Denn irgendwo muss das Geld ja herkommen. Einschnitte in anderen Bereichen seien unabwendbar. Die Partner der Föderalregierung hätten ja auch schon gesagt, dass sie das Geld bei den Rentnern suchen wollen.
Wenn schon neue Milliarden für Investitionen ausgegeben werden sollen, so sei es laut Hedebouw sinnvoller, das Geld in andere Sektoren zu stecken. "Ich glaube, dass Investitionen im Energiesektor besser aufgehoben wären, damit wir die Kontrolle über unseren Energiesektor wiedererlangen", sagt er. "Oder Investitionen in Elektroautos, Investitionen in eine nachhaltige Wirtschaft."
Kay Wagner