2025 ist jetzt schon das Jahr, in dem wir in einer neuen Welt aufgewacht sind. Das Verhalten von US-Präsident Donald Trump irritiert, schockiert sogar. Vor allem die Tatsache, dass die USA alleine mit Russland über die Zukunft der Ukraine beraten haben, ohne die Ukrainer und auch ohne die Europäer. Das, so sagte Frederik Vansina, der Generalstabchef der belgischen Streitkräfte, in der RTBF, sei natürlich eine Demütigung gewesen. "Aber warum ist es so weit gekommen? Weil Europa sich selbst in diese Position der militärischen Schwäche manövriert hat. Und das müssen wir jetzt schnellstens korrigieren", sagt Frederik Vansina.
Und diese Episode ist ja nur die Spitze des Eisbergs. Der neue US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hat ja zugleich klargemacht, dass es - im Falle einer Beendigung der Kampfhandlungen - Aufgabe der Europäer sei, einen gleich wie gearteten Frieden zu sichern, also ohne die Hilfe der Amerikaner. Und das, so sagt Frederik Vansina, war schon ein Schlüsselmoment.
Europäer müssen Probleme in Europa selbst lösen
"Nur zur Verdeutlichung", betont der belgische Generalstabschef: Die USA sind nicht aus der Nato ausgetreten. Und bis auf Weiteres bleibt es auch dabei, dass Europa weiter unter dem nuklearen Schirm der Amerikaner bleibt. Nur: Probleme in Europa werden künftig eben die Europäer selbst lösen müssen. "Und das bedeutet, dass wir stärker werden müssen", Europa, und natürlich auch Belgien. Und ehrlich gesagt: Das kommt doch nicht überraschend, sagt Frederik Vansina. Die Amerikaner predigen schon seit 15 Jahren, dass Europa seinen Beitrag erhöhen muss. Der Ton hat sich allerdings hörbar geändert. Und der Ton macht ja bekanntlich die Musik…
Aber, was machen wir jetzt mit dieser, vielleicht zu erwartenden, aber eben doch neuen Situation? Die Europäer müssen also schon bald womöglich Truppen in die Ukraine schicken. Und Belgien würde dann wohl auch einen Beitrag leisten müssen. Wären wir dazu eigentlich in der Lage? Prinzipiell schon, sagt der Armeechef. Aber mal ehrlich: So weit sind wir noch nicht. Erst muss es ein Abkommen geben. Und dann muss man erst mal sehen, für welche Strategie man sich entscheidet. In jedem Fall wird es wohl darum gehen, Russland davon abzuhalten, die Ukraine erneut anzugreifen. Das wäre das einzige Ziel einer solchen Mission, sagte Vansina in der VRT.
Russland stellt Bedrohung für Europa dar
Vansina hält sich also doch etwas bedeckt, was die wahren Möglichkeiten seiner Truppe angeht. Denn er weiß: Die Jahre, in denen man die Streitkräfte kleingespart hat, fordern jetzt natürlich ihren Tribut. Und nicht zuletzt die letzten Tage haben doch gezeigt, dass nunmehr absolute Dringlichkeit besteht. Denn: Die aktuelle Problematik beschränkt sich ja nicht auf eine mögliche Friedenssicherung in der Ukraine. Russland stellt definitiv auch für Europa eine Bedrohung dar, sagt Vansina. Putin sagt es doch selbst: Er will das Territorium der alten Sowjetunion wieder herstellen, er will seinen imperialistischen Traum wahrmachen. Wir dürfen also nicht überrascht sein: Die Russen kündigen es ja sogar ohne Umschweife an.
Und da hilft auch kein Reden mehr. Jemand wie Putin kennt nur die Sprache der Gewalt. Aber, so fügt der Generalstabschef gleich hinzu: "Es besteht jetzt auch kein Grund zur Panik. Die Gefahr ist nicht akut, morgen werden keine russischen Panzer in Brüssel stehen. Wir sind noch nicht im Krieg, wir sich aber auch nicht mehr im Frieden." Denn, so sagt Frederik Vansina: Man muss sich nur die russischen Aktivitäten anschauen: Sabotageakte, Desinformation, Cyberangriffe… Da kann man nicht mehr von Friedenszeiten sprechen. Deswegen müssen wir uns jetzt dringend verstärken. Gegen eine solche Bedrohung hilft nur Abschreckung. Und so zynisch es klingt: Die Ukrainer haben uns Zeit gekauft, um uns vorbereiten zu können.
Roger Pint