Die neue Föderalregierung ist im Amt. Premierminister Bart De Wever und die 14 Minister sind von König Philippe vereidigt worden. Die Regierungsbildung war bis zuletzt spannend: Die MR teilte erst eine Stunde vor der geplanten Vereidigung die Namen ihrer vier Minister mit. Überraschenderweise verzichtet Georges-Louis Bouchez auf einen Ministerposten und bleibt an der Spitze der Partei.
Neuer Innenminister wird Bernard Quintin, der in der geschäftsführenden Regierung De Croo vorübergehend Außenminister war. David Clarinval übernimmt das Arbeitsministerium. Er war in der Regierung De Croo zuletzt Minister für Mittelstand und Landwirtschaft. Dieses Ministerium wird künftig von Eléonore Simonet geleitet. Neuer Energieminister wird Mathieu Bihet. Der 35-Jährige aus Lüttich ist Kammerabgeordneter und war früher Vorsitzender der Jugendabteilung der MR.
Auf frankophoner Seite gehören zudem drei Minister von Les Engagés der neuen Regierung an: Maxime Prévot wird neuer Außenminister und gibt dafür den Parteivorsitz ebenso auf wie sein Bürgermeisteramt in Namur. Jean-Luc Crucke wird Verkehrsminister und die Newcomerin Vanessa Matz Ministerin für öffentliche Modernisierung.
Die sieben flämischen Regierungsmitglieder sind bereits seit Sonntag bekannt: Darunter sind bekannte Gesichter wie Frank Vandenbroucke, der als Gesundheitsminister weitermachen darf, oder Annelies Verlinden, die vom Innen- in das Justizministerium wechselt.
Kleinere Mannschaft
14 Minister und keine Staatssekretäre: Der Wandel macht sich schon in der Regierungsmannschaft bemerkbar. Denn in der Vorgängerregierung, der Vivaldi-Koalition, hatte es noch 15 Minister und fünf Staatssekretäre gegeben. Diese Verkleinerung der Regierungsteams kann als Zeichen an die Bürger verstanden werden. Frei nach dem Motto: Wenn wir von euch Bürgern künftig Sparmaßnahmen verlangen, verlangen wir das von uns auch. Und zeigen direkt schon mal, wie das geht.
Weiter ist auffällig an dem neuen Regierungsteam, dass es genauso viele flämische Minister gibt wie frankophone. Jede Sprachgruppe stellt sieben Minister. Das ist eine Ausgewogenheit, die vor allem im frankophonen Belgien sicher mit Wohlwollen wahrgenommen wird, weil der Premierminister nach Alexander De Croo von der OpenVLD mit Bart De Wever von der N-VA jetzt wieder aus Flandern kommt.
Zu wenig Frauen
Außerdem fällt auf, dass es nur vier Frauen unter den 14 Ministern gibt, die Regierung also aus deutlich mehr Männern als Frauen besteht. Bei der Vivaldi-Regierung dagegen gab es fast genauso viele Frauen wie Männer in Ministerämtern.
Dafür gab es auch schon Kritik aus der neuen Regierung selbst. Annelies Verlinden (CD&V), bisher Innenministerin und künftige Justizministerin, hatte bei der VRT am Wochenende über diese geringe Anzahl von Frauen geklagt. Sie hatte gesagt, dass man so etwas eigentlich nicht mehr machen könne in unserer heutigen Zeit - zumal im Kernkabinett Frauen sogar komplett fehlen, weil keine einzige Frau zur Vize-Premierministerin ernannt worden ist.
Verantwortlich für die Ernennung der Minister sind die Parteivorsitzendenden. Und da hat im Grunde nur Sammy Mahdi von der CD&V das Spiel der Gleichberechtigung der Geschlechter mitgespielt und sowohl einen Mann als auch eine Frau zu Ministerehren geführt. Alle anderen Parteien haben mehr Männer als Frauen nominiert, und die Sozialisten von Vooruit sogar gar keine Frau, sondern nur zwei Männer.
Personalie Bouchez
Wirbel gab es bis kurz vor der Vereidigung noch um den MR-Parteivorsitzenden Georges-Louis Bouchez. Der hatte während der Regierungsverhandlungen selbst gefordert, dass alle Parteivorsitzenden Ministerposten bekleiden sollten. Doch jetzt macht er es selbst nicht. Zwar war er bis zuletzt als Innenminister gehandelt worden. Doch kurz vor 8 Uhr, gut eine Stunde vor der Vereidigung beim König, gab Bouchez bekannt, dass er kein Minister werden will.
Bouchez begründet das damit, dass er sich als Parteichef lieber weiter um seine Partei kümmern möchte. An der Spitze der MR sieht er eher seinen Platz. Als Minister hätte er den Parteivorsitz aufgeben müssen, das wollte er wohl nicht.
N-VA besetzt wichtige Ministerien
Maxime Prévot als Parteivorsitzender von Les Engagés dagegen hat anders entschieden. Prévot wird Außenminister und gibt dafür den Parteivorsitz ab. Er lässt auch sein Bürgermeisteramt in Namur ruhen.
Auffällig ist noch die Besetzung von wichtigen Ministerien durch N-VA-Politiker: Theo Francken wird Verteidigungsminister, Jan Jambon Finanz- und Rentenminister, Anneleen Van Bossuyt Ministerin für Asyl und Einwanderung. Damit hat die N-VA Schlüsselministerien besetzt zu Themen, die die Öffentlichkeit besonders interessieren. Der N-VA-Stempel in der Arizona-Regierung dürfte damit auch über Premierminister De Wever hinaus gesichert sein.
Jadin-Nachfolger wird Energieminister
Interessant auch noch die Personalie des neuen Energieministers Mathieu Bihet. Der 43-jähriger Nachwuchspolitiker der MR rückt damit jetzt das erste Mal groß ins Rampenlicht, hat sich aber innerhalb seiner Partei als so genannter "Junger Wolf" schon einen Namen gemacht und hatte 2022 den frei gewordenen Kammersitz der PFF-Politikerin Kattrin Jadin übernommen, die damals das Parlament verlassen und zum Verfassungsgericht gewechselt war.
Deutsch nur aus dem Mund von Bart De Wever
Den Eid vor König Philippe legte nur Premier Bart De Wever in allen drei Landessprachen ab, also auf Niederländisch, Französisch und Deutsch. Alle seine Minister dagegen haben ihre Eide entweder nur in ihrer Muttersprache abgelegt oder in den zwei Sprachen Niederländisch und Französisch.
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