Nein, es ist kein Aprilscherz. Auch wenn das Ganze vielleicht mit einem Augenzwinkern gemeint war. Unter der Rubrik "Neuigkeiten und Inspirationen zu Grünem und Umwelt" hat die Stadt Gent verschiedene Tipps veröffentlicht, um nach den Festtagen möglichst wenig wegwerfen zu müssen - darunter Vorschläge wie Geschenkpapier wiederzuverwenden, Freunde zum gemeinsamen Reste-Essen einzuladen, übrig gebliebenes Gemüse einzulegen und Ähnliches.
Dann ist da eben noch der Absatz "Esst euren Weihnachtsbaum auf" - mit einer Kurzanleitung für Tannennadel-Butter und Links zu weiteren Rezepten. In Skandinavien sei das ja sowieso schon lange üblich, so der Text weiter. Das stimmt auch, in Skandinavien gibt es tatsächlich die Tradition, aus Tannennadeln etwa leckere Kräuterbutter zu machen. Es gibt sogar bereits entsprechende Kochbücher.
Allerdings ist es trotzdem nicht unbedingt die beste Idee, seinen Weihnachtsbaum in die Küche zu schleppen und damit kulinarische Köstlichkeiten zaubern zu wollen. Zunächst einmal aus geschmacklichen Gründen, wie ein isländischer Koch beim Herstellen von Tannennadel-Butter in der VRT erklärt. Grundsätzlich sei es perfekt möglich, mit Tannen- beziehungsweise Fichtennadeln zu kochen, versichert der Koch. Aber nun sei einfach nicht die beste Jahreszeit dafür. Zum Vorschlag, den wahrscheinlich schon ziemlich trockenen heimischen Weihnachtsbaum abzuernten, hat er auch eine klare Meinung. Das sollte man vielleicht besser nicht machen.
Gesundheitliche Bedenken
Neben geschmacklichen Gründen gibt es aber auch noch gesundheitliche Bedenken. Darauf weist die Afsca, die Föderalagentur für die Sicherheit der Nahrungsmittelkette, am Dienstag hin. Es gebe keinerlei Garantien, dass es sicher sei, Weihnachtsbäume zu essen, warnt Afsca-Sprecherin Hélène Bonte. Denn schließlich seien diese Bäume nie als Nahrungsmittel gedacht gewesen. Bei der Aufzucht von Tannenbäumen, gerade in unseren Breiten, würden die Bäume unter anderem mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. Da die Bäume nicht als Nahrungsmittel gedacht seien, gebe es da keine Grenzwerte und würden keine Messungen durchgeführt, wie hoch die Pestizidbelastung der Bäume sei.
In diesem Zusammenhang warnt die Nahrungsmittelagentur auch vor irreführenden Informationen aus dem Internet. Nicht alles, was man in Koch-Foren lese, stimme auch, so die Afsca sinngemäß. Die Information, dass die Belastung von Tannennadeln mit Chemikalien grundsätzlich zu gering sei, um ein Problem darstellen zu können, zeuge beispielsweise von wenig Sachkenntnis. Außerdem müsse man eben auch unterscheiden zwischen Nadeln von einem hier gezüchteten Weihnachtsbaum und Nadeln von einem Baum in der unberührten Natur Skandinaviens.
Außerdem können auch nicht nur Pestizide auf den Nadeln sein, sondern auch andere Chemikalien wie Kunstschnee, künstliche Aromen oder feuerhemmende Substanzen. Auch sie machen Tannennadeln natürlich ungeeignet für den Verzehr. Aufpassen muss man auch zum Beispiel mit Eiben. Denn deren Nadeln und Früchte sind giftig für Mensch und Tier.
Inspiration
Für die Stadt Gent geht es im Kern aber sowieso um etwas anderes als die Frage, ob der eigene Weihnachtsbaum auf dem Essteller landen sollte. Man erwarte auch nicht, dass die Abfallberge durch die Aktion dramatisch verkleinert würden, so Maryse Millet vom Umweltdienst der Stadt. Aber es könne als Inspiration und Anstoß dienen, einfach mal darüber nachzudenken, was man noch mit Dingen machen könne, die man sich eigentlich zum einmaligen Gebrauch ins Haus geholt habe.
Boris Schmidt