Für vielleicht zwei Stunden konnte man in Brüssel am Donnerstag hoffen, dass der Knoten jetzt endlich geplatzt sei. Gegen Mittag nämlich veröffentlichte die Regierungsbildnerin für die flämischen Parteien, die Groen-Politikerin Elke Van den Brandt, eine Mitteilung. Mit dem Inhalt: Weißer Rauch kann aufsteigen. Endlich ist eine flämische Mehrheit gebildet. Groen, Vooruit, OpenVLD und N-VA sind bereit, die Verhandlungen zur Regierungsbildung mit den frankophonen Parteien aufzunehmen.
Die frankophonen Parteien, das sind MR, PS und Les Engagés. Sicher keine Liebesbeziehung. Aber die einzig mögliche Konstellation für eine frankophone Mehrheit, wenn man nicht zu viel politische Gymnastik machen wollte. Das mussten - aufgrund des Wahlergebnisses - allerdings zwangsläufig die flämischen Parteien machen. Viel Gymnastik sogar. So dass der Jubel über ein Ergebnis am Donnerstag eigentlich Grund zum Feiern hätte sein können.
Doch da hatte man die Rechnung ohne die PS gemacht. Schnell gab sie ihr Veto bekannt. Mit der N-VA werde man nicht in Brüssel zusammenarbeiten. Das teilte Brüssels PS-Chef Ahmed Laaouej ziemlich schnell nach dem Weißen Rauch von Van den Brandt mit.
Eine Überraschung? Mitnichten. Schon lange ist bekannt, dass die Brüsseler PS mit der N-VA nicht kann. Zwei völlig unterschiedliche Visionen über die Gestaltung der Hauptstadtpolitik treffen da nämlich aufeinander. Und die Visionen der N-VA fand die PS in einem Arbeitspapier der flämischen Parteien in Brüssel wieder, das am Dienstag an die Öffentlichkeit gelangte.
Dort ist zu lesen, dass Zentralisierung das große Ziel der künftigen Politik in Brüssel sein soll. Unter anderem mit Zusammenlegung der Gemeinden, der Polizeizonen, der Sozialhilfezentren. Alles, was die PS in den vergangenen 20 Jahren mit aufgebaut hatte, mit einem Wisch vom Tisch. Und dazu noch die N-VA als Partner, die eigentlich nur mit Verachtung auf die Frankophonen schaut und Brüssel am liebsten von Flandern regiert sehen will. So die Sichtweise der PS in Brüssel.
"Das Problem ist, dass die gemeinschaftlichen Brandstifter mit dabei sind und es Programme gibt, die die reine Provokation sind. So verhandelt man nicht. Wenn die Leute ohne uns verhandeln wollen, dann ist das ihre Entscheidung", sagte dazu Philippe Close, PS-Bürgermeister von Brüssel-Stadt.
Also der Weiße Rauch von Donnerstag keine Basis für die PS, um Verhandlungen zu beginnen. Und subtil spielte Close mit seiner Äußerung auch den Schwarzen Peter zurück zu den Flamen. Nicht an der PS liege es, dass man jetzt wieder nicht vorankomme. Sondern an den Flamen. Die hätten gewusst, dass ihr Weißer Rauch unakzeptabel für die PS sein würde.
"Wir haben erklärt, warum wir ein großes Problem damit haben, mit Menschen zusammen regieren zu müssen, die nichts Gutes für Brüssel wollen", betonte Close noch einmal. Alles Weitere sei jetzt Aufgabe des Regierungsbildners. Das ist David Leisterh von der MR.
Anders als sein Parteichef Georges-Louis Bouchez hielt er sich mit einer Verurteilung der PS aufgrund deren Weigerung zurück. "Ich muss diese Blockade zur Kenntnis nehmen", sagt Leisterh diplomatisch bei der RTBF. "Das macht mich extrem traurig und ärgert mich auch ein bisschen, denn wir müssen vorwärts kommen und am Tisch miteinander verhandeln können. Aber gut, wenn einer der Partner sagt, ich will nicht, dann kann ich das nur feststellen."
Am Wochenende will Leisterh versuchen, Lösungen zu finden, damit aus Weißem Rauch und PS-Blockade doch noch etwas Gutes wird. Ewig will Leisterh seinen möglichen Partnern nämlich auch nicht Zeit lassen. Für das Budget sieht er den Monat März als Deadline. "Im März wird eine Ratingagentur Brüssel wieder eine Note geben. Und wenn wir ohne glaubwürdiges Budget dastehen, werden sie die Note erneut heruntersetzen. Das wäre k-a-t-a-s-t-r-o-p-h-a-l für Brüssel."
Kay Wagner