In Flandern hatte es schon Koalitionen mit der PTB gegeben, um Mehrheiten auf lokaler Ebene zu schmieden. Im frankophonen Belgien war das bis Donnerstagabend noch nie geschehen.
Zwar hatte die Liste des PS-Bürgermeisters Nicolas Martin bei den vergangenen Wahlen die absolute Mehrheit verloren. Alternativen zur PTB hätte es allerdings reichlich gegeben.
Mit MR und Les Engagés wollte Martin aber nicht zusammenarbeiten. Mit Ecolo als einzigem Partner wäre die Mehrheit nur hauchdünn gewesen. Deshalb holte Martin auch die PTB mit ins Boot. Zusammen kommen die drei Koalitionspartner PS, Ecolo und PTB jetzt auf 28 der 45 Sitze.
Kritik von Bouchez
Harsche Kritik kam schon Donnerstag von MR-Chef Georges-Louis Bouchez. Mons gilt als seine Heimatstadt, die MR hatte dort viele Stimmen gewonnen.
"Die N-VA hätte man sanktioniert, wenn sie eine Koalition mit dem Vlaams Belang eingegangen wäre", sagte Bouchez bei der VRT. "Ich weiß nicht, warum man die PS jetzt nicht sanktionieren sollte, wenn sie mit der PTB zusammenarbeitet."
Wenn viele andere Parteien bislang nicht mit der PTB zusammengearbeitet hatten, dann hat das seine Gründe. Vielen ist die PTB grundsätzlich zu links-radikal. Für die rechten Parteien – allen voran die MR – ist die PTB buchstäblich ein dunkelrotes Tuch, quasi der verlängerte Arm der Kommunisten, wie sie in China oder gar Nordkorea an der Macht sind. Für die PS hat sich die PTB zur ungeliebten Konkurrenz links der Sozialisten gemausert, die mit populistischen Parolen erfolgreich Wähler abwirbt und ihr den Platz als größte linke Partei im frankophonen Belgien streitig macht.
Und jetzt also eine Koalition mit diesen Kommunisten? Freitagvormittag war der PS-Bürgermeister von Mons Gast bei der RTBF um zu erklären, warum er diese bislang nie dagewesene Koalition ermöglicht hat. Nach der Wahl, bei der seine PS die absolute Mehrheit verloren hatte, musste er auf die Suche nach Partnern gehen. Mit der MR hatte sich die PS in Mons einen erbitterten Wahlkampf geleistet, und Martin hatte dabei versprochen, nach den Wahlen auf keinen Fall mit der MR zusammenzuarbeiten. An dieses Versprechen habe er sich halten wollen, sagte Martin bei der RTBF.
Les Engagés hätten sich ohne MR nicht zu einer Zusammenarbeit mit der PS bereit erklärt. Zusammen mit Ecolo hätte die Mehrheit nur eine Stimme betragen. Zu wenig, laut Martin, um eine zuverlässige Arbeit zu gewährleisten. Also habe er sich an die PTB gewandt. Und ja, auch er hätte das vor den Wahlen sicher nicht gedacht. Aber er sei überrascht worden. Die PTB am Verhandlungstisch habe sich moderat und konstruktiv gezeigt, und habe überdies alle Voraussetzungen akzeptiert, die er vor der Aufnahme der Gespräche festgelegt hatte.
PS-Bürgermeister von Mons: Haben keinen "Cordon sanitaire" gebrochen
Dass er damit ein Tabu gebrochen hätte, oder sogar den "Cordon sanitaire", den die demokratischen Parteien Belgiens seit Ende der 1980er Jahre zur Abwehr rechtsextremer und rassistischer Parteien beachten, sieht Martin nicht so. "Die PTB ist, soweit ich weiß, keine rassistische Partei", sagte Martin. Und fügte hinzu: "Der einzige "Cordon sanitaire", den ich in der Französischen Gemeinschaft kenne, gilt für die extreme Rechte. Deshalb hat hier auch kein Bruch des "Cordon sanitaire" stattgefunden."
Die Theorie des "Cordon sanitaire" auf die PTB anzuwenden, das sei eine Erfindung der Rechten, sagte Martin. Eine Erfindung von MR-Chef Georges-Louis Bouchez mit dem einzigen Ziel, sich und seine MR politisch unumgänglich zu machen, indem er die linken Parteien entzweie.
Die jetzige Beteilung der PTB an der Mehrheit in Mons sei im Sinne der Stadt. Zu vergleichen mit der erstmaligen Beteiligung von Ecolo 1982 an einer Mehrheit in Lüttich zusammen mit den Sozialisten. Eine Etappe im Zusammenspiel der politischen Kräfte. Mehr aber auch nicht.
Und dann versuchte Martin noch einmal zu beruhigen: "Ich versichere Ihnen, dass die chinesischen Panzer morgen nicht auf dem großen Platz von Mons herumfahren werden. Wir werden mit der seriösen Verwaltung der Stadt so wie bisher weitermachen. Und ich glaube, dass alle, wenn sich die Emotionen wieder gelegt haben, zu der Erkenntnis kommen, dass es auf die Inhalte unseres Programmes ankommt, und auf unsere Ambitionen, die wir für Mons haben."
Kay Wagner