Eigentlich sollten ja alle wissen, wann man einen Bahnübergang überqueren darf. Theoretisch zumindest - denn bei manchen Verkehrsteilnehmern scheint die Lektion schon zu lange zurückzuliegen, wie die Polizei auch am Freitag wieder festgestellt hat. Wenn die Ampel auf Rot springt, wenn das akustische Warnsignal ertönt oder wenn sich die Schranken senken – wenn auch nur eine dieser drei Bedingungen erfüllt ist, heißt es Anhalten vor dem Bahnübergang, ohne Wenn und Aber.
Nicht alle, die gegen diese Regeln verstoßen, tun das aber aus Unwissenheit, sagt Frédéric Petit von Infrabel in der VRT. Die Belgier seien gut vertraut mit den Verkehrsregeln. Aber sie unterschätzten die Risiken und seien dann auch bereit zu gefährlichem Verhalten. In diesem Zusammenhang berichtet die Eisenbahnpolizei auch noch von einem anderen Phänomen, das vor allem Kinder und Jugendliche betrifft. Sie würden an Gleisen und ihrer unmittelbaren Umgebung zum Beispiel TikTok- und andere Videos aufnehmen, berichtet Marc Vervaenen von der Bahnpolizei. Damit wollten die Jugendlichen dann prahlen und zeigen, dass Regeln für sie nicht gelten würden und Ähnliches.
Im Schnitt jeden Monat ein Todesopfer
Aber egal von wem und warum - Fakt ist, dass diese Art des Leichtsinns fatale Folgen haben kann: Laut Infrabel hat es im vergangenen Jahr über 630 offizielle Meldungen von illegalen Gleisüberquerungen gegeben, die zu rund 30 Unfällen mit Zügen geführt haben. Dabei komme es immer wieder zu menschlichen Dramen. Allein 2023 habe es durch diese Art von Unfällen elf Todesopfer gegeben. Also im Schnitt eines pro Monat.
Viel menschliches Leid erfahren aber nicht nur die Opfer und ihre Angehörigen, sondern auch die betroffenen Lokführer. Denn sie müssen mit den Traumata klarkommen, die solche Unfälle mit sich bringen. Und dann sind da auch die wirtschaftlichen und logistischen Folgen: Strecken und Fahrzeuge müssen gegebenenfalls wieder instand gesetzt werden und jeder Zwischenfall mit Personen an Gleisen wirkt sich unweigerlich auf den Bahnverkehr aus. 12,5 Stunden Verspätungen gebe es im Schnitt jeden Tag wegen solcher Zwischenfälle, fasst Petit zusammen.
Technische Aufrüstung und Strafen gegen Unverbesserliche
Das Hauptanliegen von Infrabel und Polizei ist natürlich Sensibilisieren, Aufklären und Prävention. Außerdem wird auch technisch immer weiter aufgerüstet, zum Beispiel mit KI-gesteuerten Kameras, die potenzielle Gefahrensituationen erkennen und rechtzeitig Alarm schlagen sollen. Oder auch durch die Einführung einer spezifischen Notrufnummer, der 1711, um solche Situationen schnell melden zu können. Oder durch die Installation von LED-Warnlichtern an den Schranken, um die Sichtbarkeit noch weiter zu erhöhen.
Und wer partout nicht sehen und hören will, für den haben die Behörden auch noch andere Optionen im Angebot, wie Marc Vervaenen ausführt: Wer zum ersten Mal erwischt wird, dem drohen einige hundert Euro Strafe. Bei Wiederholungstätern gehe das aber schnell nach oben. Eine klare Botschaft, die auch die Direktorin der Eisenbahnpolizei, Stéphanie Silvestre, in der RTBF bekräftigt. Vergehen an Bahnübergängen gehörten zur höchsten Verstöße-Kategorie der Straßenverkehrsordnung. Das bedeute, dass der Führerschein eingezogen werden könne und bis zu mehrere tausend Euro Strafe fällig werden könnten.
Boris Schmidt