Manchmal sagt ein bisschen sprachliche Verwirrung mehr als Tausend Worte. Denn so selbstverständlich war es nicht, dass die deutsche Sprache am Mittwoch im Wallonischen Parlament zu ihrem Recht kam - auch nicht da, wo die Simultanübersetzung beim Verstehen der deutschsprachigen Kollegen helfen sollte.
Die ostbelgische Regionalabgeordnete Christine Mauel (MR/PFF) zeigte sich ihrerseits dankbar, im Wallonischen Parlament in ihrer Muttersprache sprechen zu dürfen. Das sei gar nicht so selbstverständlich, wie der Blick auf andere Länder zeige.
"Der heutige Tag scheint mir deshalb eine gute Gelegenheit zu sein, die Zweisprachigkeit in unserer Region in diesem Parlament zu thematisieren. Ich freue mich schon jetzt, unsere Webseiten und unsere Dokumente auch in deutscher Sprache zu sehen. Das wird das Zugehörigkeitsgefühl der deutschsprachigen Bürger zur Wallonie und zu Belgien weiter stärken."
Für Patrick Spies (SP) war es die "Jungfernrede" im Plenum des Wallonischen Parlaments, dessen Präsident Willy Borsus darin eine gewisse Symbolkraft sah.
"Die Mehrsprachigkeit, die unser Land so einzigartig macht, ist nicht nur eine Verpflichtung, sondern eine Chance. Eine Chance, das Beste aus allen Regionen zu schöpfen und unser Verständnis füreinander zu vertiefen. Es ist an uns sicherzustellen, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft und ihre Sprache weiterhin die Anerkennung und den Respekt erhalten, die sie verdienen."
Freddy Mockel (Ecolo) zog den Radius noch etwas weiter ... bis Perpignan, bis Wien, bis zur Schweiz, Norditalien, bis zur dänischen und zur polnischen Grenze. "Genauso wie ich alle Deutschsprachigen ermutige, intensiv Französisch zu erlernen, so kann ich auch nur alle Französischsprachigen ermutigen, die deutsche Sprache zu erlernen. So können sie und wir uns auf dem europäischen Kontinent in einem Umkreis von 1.000 Kilometern mit fast allen Menschen in ihrer Muttersprache unterhalten."
Christine Mauel kam zurück auf die engen Wechselwirkungen innerhalb Belgiens und da insbesondere zwischen der Wallonischen Region und der Deutschsprachigen Gemeinschaft.
"Es wird in dieser Legislatur, das zeichnet sich ab, auch wenn die föderale Regierung noch nicht gebildet ist, wohl kaum zu einer Fortführung oder Vollendung der Staatsreform kommen. Ich erwarte zwar den einen oder anderen Fortschritt, auch die eine oder andere Kompetenzübertragung zwischen Namur und Eupen, nicht zuletzt in Bezug auf die Reform der Provinzen. Aber eine vierte Region wird es vor 2030 kaum geben, auch wenn viele Bürger in Ostbelgien sich eine solche wünschen würden."
Und so wurden in Namur nicht nur deutsche Geistesgrößen zitiert wie Goethe, Kant oder Kafka, sondern auch alltägliche Hindernisse im tatsächlichen Sprachgebrauch.
"Lassen Sie uns also heute nicht nur die deutsche Sprache feiern, sondern auch unseren gemeinsamen Willen, sie zu schützen und zu fördern und ihren Stellenwert den anderen beiden Landessprachen in Belgien gleichzustellen", forderte Patrick Spies.
Die unleugbaren Vorteile der Mehrsprachigkeit belegte Freddy Mockel dann noch mit einem Beispiel: "Wenn auch auf der sprachlichen Ebene die Kontakte zwischen dem Lütticher und dem Aachener Raum viel enger wären, könnte man noch erfolgreicher zusammenarbeiten und in den Bereichen Metall und Maschinenbau wäre man gemeinsam eine europäische Nummer eins."
Und so fanden sich letzten Endes alle auf einer Wellenlänge wieder.
Stephan Pesch