Lachgas wird schon lange als Droge missbraucht, im Prinzip seit seiner Entdeckung im späten 18. Jahrhundert. Damals soll sich etwa die britische Oberschicht damit berauscht haben. Eine zweite große Welle kam dann mit den Hippies - daher auch die Bezeichnung "Hippy Crack" für die Droge. Seit einigen Jahren läuft nun eine dritte Welle, Lachgas ist für viele zu einer regelrechten Trend-Droge geworden.
Lachgas als Droge ist aber nicht nur illegal, sondern auch alles andere als ungefährlich. Zu möglichen Gesundheitsfolgen gehören etwa Nervenschäden, Erfrierungen und Lungenverletzungen. Aber noch etwas macht Lachgas zu einem Problem: die Behälter, die das Lachgas enthalten. Egal ob nun die kleinen, meist silberfarbenen Kapseln oder die mittleren bis großen Gasflaschen oder zylinderförmigen Container mit Tragegriff - sie werden überall zu einem immer größeren Problem.
Wie kleine Bomben
Die Lachgas-Behälter landen mit dem Hausmüll beziehungsweise mit dem Müll aus öffentlichen Abfalleimern bei den Entsorgungsunternehmen - und damit auch in den Müllverbrennungsanlagen, erklärt An Depauw von Belgian Waste-to-Energy in der VRT. Waste-to-Energy ist der Dachverband der belgischen Müllverbrennungsanlagen. Das ist hochgefährlich, denn Lachgas-Container können wie kleine Bomben wirken.
Die Arbeitsvorschriften für Müllverbrennungsanlagen seien schon sehr streng gewesen, so Depauw. Aber seit dem massenhaften Auftauchen der Lachgas-Container habe man sie zum Schutz der Angestellten noch weiter verschärfen müssen. Die Behälter enthielten meist noch etwas Gas. Das führe dazu, dass sie in den Verbrennungsöfen explodierten, führt Bart de Keulenaere, Manager eines Genter Abfallbetriebs, aus. So eine Explosion verursache Druckwellen, die die Verbrennungsanlagen beschädigen könnten.
Die Druckwelle ist nicht das einzige Problem: Die Lachgas-Container könnten zu regelrechten unkontrollierten Geschossen werden, warnt An Depauw. Das sind nicht nur hypothetische Szenarien: Allein zwischen Januar und Juli diesen Jahres haben belgische Entsorgungsbetriebe über 2.000 dieser Explosionen in ihren Anlagen gezählt. 36 Mal hätten dadurch Öfen stillgelegt werden müssen, führt Depauw aus, insgesamt sei die Rede von 62 Tagen, an denen der Betrieb habe unterbrochen werden müssen. Das seien nur die schlimmsten Fälle, also so verheerende Explosionen, dass Reparaturen unumgänglich gewesen seien.
Pilotprojekt in Gent soll Abhilfe schaffen
All das kostet die Firmen Geld - nicht nur wegen der Schäden und Reparaturen, sondern weil dann beispielsweise auch keine Wärme erzeugt und verkauft werden kann. Allein bei der Anlage von Bart De Keulenaere in Gent sind so im letzten Jahr rund 600.000 Euro an Mehrkosten angefallen. Deswegen läuft in Gent seit einigen Monaten ein Pilotprojekt: Einwohner, die Lachgas-Container beim Wertstoffhof einliefern, bekommen eine Gutschrift über fünf Euro. Das scheint zu wirken, so Bram Van Braeckevelt, zuständiger Genter Schöffe. Bisher hätten bereits 550 individuelle Personen bei dem Projekt mitgemacht und hätten insgesamt rund 3.700 Lachgas-Behälter abgegeben.
Das merke man auch bei der Explosionsproblematik: Seitdem das Projekt laufe, habe die Zahl der Zwischenfälle um etwa 30 Prozent abgenommen. Auch wenn durch das Gutschriften-System Kosten entstünden, seien die viel niedriger als die Kosten für Ausfälle und Reparaturen.
Boris Schmidt