Für Bart De Wever hätte es ein Feiertag sein sollen. Denn am 20. September wollte De Wever eigentlich schon eine neue Föderalregierung geschmiedet haben. Das Datum sei entscheidend, hatte De Wever noch Mitte Juli gesagt - weil Belgien dann ja der EU-Kommission die Pläne vorlegen müsse, wie das Land das Haushaltsdefizit mittelfristig wieder in den Griff bekommen wolle. 27 Milliarden Euro gelte es zu sparen.
Doch dann kam alles anders. Die Regierung steht immer noch nicht, und damit gibt es auch noch keine Pläne, die Belgien der EU-Kommission überreichen könnte. Wer es bis heute nicht geschafft hat, der kann seine Pläne bei der Kommission auch noch bis zum 15. Oktober einreichen. Doch auch dieses Datum wird Belgien reißen.
Alexia Bertrand, mittlerweile bei der OpenVLD, war in der Vivaldi-Regierung Staatssekretärin für den Haushalt. Solange es noch keine neue Regierung gibt, kümmert sie sich weiter noch geschäftsführend um die Haushaltsfragen. Weshalb sie von Bart De Wever wissen wollte, was sie denn jetzt der EU-Kommission sagen könne. "Bart De Wever hat mich gebeten, die Kommission um einen Aufschub bis Dezember zu bitten. Was über der Frist liegt, die von der EU-Kommission erlaubt ist, sagte Bertrand der RTBF.
Ob das Überschreiten der Kommissions-Frist spürbare Folgen für Belgien haben wird, muss erst noch abgewartet werden. Klar ist dagegen, dass es für Belgien alles andere als gut wäre, wenn Bart De Wever ein zweites Mal sein Ziel nicht erreichen würde - wenn er auch im Dezember noch keine Haushaltspläne vorlegen könnte, weil es bis dahin mit der Regierungsbildung immer noch nicht geklappt hat.
"Das ist ein Problem, denn man glaubt manchmal, dass eine geschäftsführende Regierung gut für den Haushalt ist, weil man kein Geld ausgibt. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Denn die Kosten für die alternde Gesellschaft, für die Renten und im Gesundheitswesen steigen, ohne dass man gegensteuern könnte", erklärt Bertrand.
Eine geschäftsführende Regierung darf nämlich keine Eingriffe machen in bereits beschlossene Haushaltspläne. Und wenn das neue Jahr beginnen sollte, ohne dass es einen Haushalt dafür gäbe, würde man sich von Monat zu Monat immer nach dem richten, was im Vorjahr für diesen Monat vorgesehen war. Bei steigenden Kosten wird das Defizit dadurch immer größer.
"Das ist ein bisschen wie ein Segelboot, das vom Kurs abgekommen ist und sich immer weiter vom eigentlichen Kurs entfernt", versucht Bertrand das zu erklären. "Eigentlich müsste man das Boot wieder in den Windstrom bringen. Aber das passiert nicht. Und so entfernt es sich immer weiter vom eigentlichen Kurs. So ist das auch ohne Regierung mit den öffentlichen Finanzen: Die Situation wird immer schlimmer."
Wenn das Defizit beim Haushalt weiterwachse, müsse die neue Regierung noch größere Anstrengungen machen, um das Defizit wieder zu senken: Es müsse noch mehr gespart werden. Nicht zu sprechen von den Sanktionen, die die EU-Kommission dann gegen Belgien verhängen würde, und den negativen Reaktionen der Finanzmärkte, wodurch Belgien unter anderem für Investoren an Attraktivität verlieren würde.
Kay Wagner