Seit Anfang des Monats war klar, dass es sehr wahrscheinlich wieder einmal zu Streikaktionen am Flughafen Charleroi kommen könnte. Letzte Woche Mittwoch nämlich hatten die Gewerkschaften bei der Flughafenleitung eine Streikankündigung eingereicht. Normalerweise müssen danach erst einmal 14 Tage verstreichen, bevor die ersten Streikaktionen stattfinden können.
Doch schon Mittwoch war sicher, dass sich nicht alle der unzufriedenen Mitarbeiter daran halten würden. Der Flughafen kündigte einen Streik für Donnerstag an und warnte in seiner Mitteilung, dass sicher nicht alles so funktionieren werde wie sonst. Die Fluggäste sollten am besten nur mit Handgepäck anreisen, falls die Gepäckabfertigung bestreikt werden sollte. Die Fluggesellschaften würden über eventuelle Flugausfälle informieren.
Doch dann kam alles viel heftiger als erwartet. "Wir hatten ein bisschen sondiert bei den unterschiedlichen Teams. Daher wussten wir, dass durchaus einige vorhatten, zu streiken. Deshalb hatten wir ja auch beschlossen, den Flugbetrieb einzuschränken", sagte Flughafensprecherin Nathalie Pierard der RTBF.
"Aber heute morgen haben wir dann leider feststellen müssen, dass es wirklich gar keine Mitarbeiter hier gegeben hat bei einigen Diensten. Weshalb wir dann gezwungen waren, alle Flüge abzusagen." Genau 186 Flüge wurden abgesagt. Vom Flughafen startete keine Maschine, kein einziges Flugzeug konnte landen. Ungefähr 30.000 Passagiere waren und sind noch davon betroffen. Einige Reisende waren trotzdem angereist. Teilweise hatten sie erst auf dem Weg zum Flughafen die Nachricht erhalten, dass der Flug abgesagt worden war.
"Man kann sagen, dass unsere Basis uns überrumpelt hat", kommentiert das alles Alain Goelens von der sozialistischen Gewerkschaft Setca. "Wir hatten noch gehofft, vor den eigentlichen Streikaktionen, die wir angekündigt hatten, mit der Geschäftsleitung ins Gespräch zu kommen. Aber das hat nicht geklappt. Die Leute verstehen das nicht, die Leute haben genug, und deshalb haben sie angefangen zu streiken."
Unmut unter den Mitarbeitern gibt es an vielen Fronten. Das Arbeitsklima sei miserabel, der Arbeitsdruck hoch, das Gehalt zu niedrig, und das Management am Flughafen schlecht. "Man muss wissen, dass die Arbeitslast in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen hat. Die Zahl der Passagiere, die Zahl der Flüge steigen ohne Ende von Monat zu Monat. Gespräche mit der Flughafenleitung hat es schon gegeben. Aber die Ergebnisse waren sehr enttäuschend", sagt Ivan Del Perico von der sozialistischen Gewerkschaft.
Wegen der Nichteinhaltung der Frist, um Streikaktionen durchzuführen, spricht die Flughafenleitung von wilden Aktionen, die nicht durch die Streikankündigung von vergangener Woche abgedeckt seien.
Die neue Verkehrsministerin der Wallonie und damit auch die politisch Verantwortliche für den Flughafen, Cécile Neven von der MR, bedauerte die Flugausfälle. Beide Konfliktparteien sollten so schnell wie möglich miteinander reden und Lösungen finden.
Doch danach sieht es derzeit noch nicht aus. Mindestens bis vier Uhr Freitagfrüh soll der Streik jetzt erst einmal weiter gehen. Und selbst wenn er nicht verlängert werden sollte, wird es einige Zeit dauern, bis der Flugbetrieb wieder normal funktionieren wird. Mit Störungen des normalen Betriebs muss also auch am Freitag noch am Flughafen Charleroi gerechnet werden.
Kay Wagner