16. Juli 1993: An diesem Freitag steigt im Jugendheim von Wommelgem eine große Party. Tania Van Kerkhoven feiert mit. Die damals 17-Jährige wollte unbedingt zu der Fete. Sie hat deswegen sogar ihre Abreise in den Urlaub verschoben. Ihre Eltern sind schon nach Spanien geflogen. Sie sollte später nachkommen, am Tag nach der Party ging ihr Flieger. Das Flugzeug startete aber ohne Tania.
Die Zeitung Gazet van Antwerpen hat die Ereignisse jener Nacht vom 16. auf den 17. Juli 1993 rekonstruiert. Auf besagter Party in Wommelgem war Tania Van Kerkhoven demnach bis etwa 1:00 Uhr. Mit ihrem Moped, einer Honda Camino, bringt sie dann noch einen Freund nach Hause. Bis zum Antwerpener Stadtteil Deurne sind es rund sechs Kilometer. Sie verabschiedet sich und will nach eigenen Worten nach Hause fahren in den Antwerpener Vorort Edegem. Dort ist Tania aber nie angekommen.
Am Morgen des 17. Juli führt ein Mann im Antwerpener Stadtteil Berchem seinen Hund aus. Im örtlichen Brilschanspark, in unmittelbarer Nähe des Antwerpener Rings, macht der Spaziergänger eine grausige Entdeckung: Dort liegen die sterblichen Überreste von Tania Van Kerkhoven. Sie wurde mit sieben Messerstichen getötet. Der Mörder hat die Leiche der Teenagerin in ein kleines Waldstück geschleift.
Der Fall wirft von Anfang an Rätsel auf. Was machte Tania in Berchem? Sagen wir mal so: Berchem läge vielleicht noch auf einem möglichen Nachhauseweg zwischen Deurne und Edegem. Nur wird ihre Honda Camino in Wommelgem gefunden - abgeschlossen. Und Wommelgem liegt auf einer ganz anderen Route zwischen Deurne und Edegem.
Die Ermittler gingen also von folgender These aus: Tania ist - nachdem sie ihren Freund in Deurne abgesetzt hat - nach Wommelgem zurückgefahren und dort womöglich in ein Auto eingestiegen. Zeugen in Wommelgem wollten damals gegen 2:30 Uhr Schreie gehört haben. Dabei ist es dann geblieben. Diese Fragen sind bis heute offen. Die Ermittler kamen nicht weiter, es gab so gut wie keine verwertbaren Spuren und auch keine Zeugenaussagen, die etwas Licht ins Dunkel bringen konnten. Die Untersuchung verlief nach und nach im Sande.
Vergessen hatte man den Fall dafür nicht. Immer, wenn etwa ein Mörder gefasst wurde, der auch nur ansatzweise als möglicher Verdächtiger infrage gekommen wäre, hat man einen möglichen Zusammenhang geprüft. Tanias Mörder hat nämlich DNA-Spuren hinterlassen, als er ihre Leiche in das Waldstück geschleift hat. Doch gab es nie eine Übereinstimmung. Der Mann, der 1993 Tania Van Kerkhoven ermordete, ist bis heute ein Phantom.
Doch will es die Antwerpener Staatsanwaltschaft offensichtlich nicht dabei belassen. Man will die Ermittlungen jetzt doch wieder aufnehmen. Es sei sogar schon ein Untersuchungsrichter mit dem Fall betraut worden, sagte Kato Belmans, Sprecherin der Antwerpener Staatsanwaltschaft, in der VRT. Man wolle die Ermittlungen taktisch noch einmal neu angehen.
Außerdem sollen neue forensische Techniken zum Einsatz kommen, die 1993 noch nicht zur Verfügung standen, insbesondere im Bereich DNA-Analyse. Und auf dieser Grundlage erhofft man sich eben neue Erkenntnisse, die vielleicht doch noch den Durchbruch bringen könnten.
Wie Gazet van Antwerpen berichtet, sind die Eltern von Tania Van Kerkhoven bereits über die Entscheidung in Kenntnis gesetzt worden. Sie hätten sicherlich nichts dagegen, dass die Ermittlungen wieder aufgenommen werden, sagen die Eltern. Doch wollen sie jetzt erstmal abwarten.
Der Anwalt der beiden formulierte es in der Zeitung noch anders: Seine Mandanten hätten Vertrauen in die Antwerpener Justiz. Und sie hofften, dass sie schon sehr bald von der Staatsanwaltschaft mit neuen Erkenntnissen überrascht würden.
Roger Pint