Es war kein Geheimnis, dass es nicht unbedingt gut um das Audi-Werk in Brüssel steht. Denn nachdem noch im November 2021 der damalige Audi-Chef Markus Duesmann persönlich in Brüssel vorbeigeschaut und dabei betont hatte, wie wichtig das Werk für die Zukunft von Audi sei, häuften sich ab Herbst vergangenen Jahres die schlechten Neuigkeiten.
Zunächst kam es doch nicht dazu, dass Brüssel das Audi-Werk in Leipzig mit der Herstellung des Modells Q4 entlasten konnte. Grund dafür war die sinkende Nachfrage nach Elektroautos. Die zusätzlichen Modelle aus Brüssel wurden nicht mehr gebraucht.
Dann die kalte Dusche im Februar. Da gab Audi bekannt, dass der Nachfolger des Modells Q8 nicht wie geplant in Brüssel, sondern in Mexiko produziert werden soll. Der Q8 ist zurzeit das einzige Modell, das in Brüssel gebaut wird. Ursprünglich sollte das bis Ende 2026 so weitergehen. Jetzt ist die Rede davon, schon ein Jahr früher diese Produktion einzustellen.
Im März hatte Audi dann die Verträge von 371 Zeitarbeitern nicht mehr verlängert. Die Stammbelegschaft von rund 3.000 Mitarbeitern wurde mehrfach in den vergangenen Wochen gebeten, nicht zur Arbeit zu erscheinen. Einfach, weil es zu wenig Arbeit gab. Am Dienstag dann die Einberufung der außerordentlichen Mitarbeiterversammlung.
"Wir hätten nie gedacht, dass es so heftig kommen würde. Wir haben nicht erwartet, dass es sogar ein Szenario dafür gibt, das ganze Werk zu schließen. Aber das liegt tatsächlich jetzt auch auf dem Tisch", fasst Ronny Liedts von der christlichen Gewerkschaft bei der VRT zusammen.
Und nicht nur die Schließung des Werks liegt als Möglichkeit auf dem Tisch. Beschlossen ist bereits eine Umstrukturierung. "Es ist die Rede von 1.400 Menschen, die im Oktober ihre Arbeit verlieren sollen", präzisiert Franky De Schrijver von der sozialistischen Gewerkschaft. "Wenn es keine Perspektive für die Zukunft geben wird, bedeutet das, dass Ende 2025 nichts mehr übrigbleibt."
Ende 2025 droht also das Ende von Audi in Brüssel. Was vom Sprecher des Werks, Peter D’hoore auch bestätigt wird. "Wenn keine Alternative gefunden werden kann, kann das bedeuten, dass das Audi-Werk in Brüssel zugemacht wird. Aber wir wollen betonen, dass das noch nicht entschieden ist." Welche Alternativen es aber für das Audi-Werk zurzeit gibt oder geben könnte, ist nicht klar. Nur dass es Gespräche darüber geben soll, wissen die Mitarbeiter bislang.
Vor den Werkstoren versuchten Gewerkschaftsvertreter Mittwochfrüh die Mitarbeiter so gut es ging zu beruhigen. "Wir versuchen die Kollegen zu unterstützen in dieser gerade sehr schwierigen Situation. Wir hatten nicht erwartet, dass es so dramatisch werden könnte. Jetzt müssen wir zusammenbleiben und versuchen, das Beste daraus zu machen", erklärte Patrick Van Belle von der sozialistischen Gewerkschaft.
"Wir müssen jetzt mal abwarten, ob die Leitung noch mit einem Zukunftsplan kommt. Wir erwarten auch, dass die deutsche Führung Verantwortung übernimmt."
Kay Wagner