Der 60-jährige Frederik Vansina kann auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken. Der Diplomatensohn verbrachte seine Kindheit und Jugend in verschiedenen europäischen Ländern sowie in Afrika und in den Vereinigten Staaten. Danach studierte er an der Königlichen Militärakademie, gefolgt von der anspruchsvollen Ausbildung zum Kampfpiloten und dem Aufstieg durch die Ränge der Luftwaffe.
Außerdem diente er auch vier Jahre als Adjutant von König Philippe. Es folgten zahlreiche Aufgaben und Missionen im In- und Ausland, bis Vansina im Juli letzten Jahres als Generalleutnant der Luftwaffe schließlich Vize-Generalstabschef wurde und damit zur rechten Hand des Mannes, den er am Donnerstag abgelöst hat: Generalstabschef Admiral Michel Hofman.
Er wünsche Vansina viel Erfolg, sagte Hofman bei der Zeremonie der VRT. Aber auch weniger Krisen, als er erlebt habe. Und natürlich die für eine Stärkung der Landesverteidigung notwendigen Haushaltsmittel und Durchhaltevermögen, so Hofman. Und damit sind schon treffend die großen Baustellen umrissen, die Vansina erwarten. Wobei er die ja schon aus seiner Rolle als Vize-Generalstabschef gut kennt.
Die größte Stärke der Streitkräfte seien ihre Angehörigen, sagte Vansina der RTBF. Deshalb gehöre es auch zu seinen Hauptaufgaben, dafür zu sorgen, dass die richtigen Werte und Normen in der Truppe aufrechterhalten würden. Und dafür, dass die Motivation und die ausgezeichnete aktuell vorherrschende Einstellung in der Armee erhalten blieben.
Vansina will auch den Kurs seines Vorgängers fortsetzen, also die Streitkräfte personell kräftig aufstocken: Damit die Landesverteidigung die Aufgaben erfüllen könne, die auf sie zukämen, müsse sie noch mehr Soldaten erhalten, unterstreicht Vansina. Er verweist in diesem Zusammenhang auch auf die aktuelle globale Lage. Die Aufgabe der Landesverteidigung sei die Verteidigung der Bevölkerung. Im heutigen so instabilen geopolitischen Kontext sei deutlich, dass eine stärkere Verteidigung eine absolute Notwendigkeit sei. Und das mache eben auch mehr Personal erforderlich, als die Armee aktuell habe.
Vansina lobte auch ausdrücklich die Arbeit seines Vorgängers und der scheidenden Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder. Dank ihrer Anstrengungen befinde sich die belgische Armee in einem besseren Zustand als noch vor einigen Jahren. Aber es gebe noch sehr viel zu tun in dieser Hinsicht, unterstreicht der neue Generalstabschef. Nach dem Fall der Berliner Mauer sei die Landesverteidigung 30 Jahre lang immer weiter ausgehöhlt worden, erinnert Vansina. Seit mittlerweile zehn Jahren sei man dabei, das wieder in Ordnung zu bringen.
Das müsse auch weitergehen, appelliert auch die Noch-Verteidigungsministerin: Die Investitionen in die Verteidigung müssten fortgesetzt werden, so Dedonder. Nur eine robustere Verteidigung könne potenzielle Feinde abschrecken und den Schutz der Bevölkerung gewährleisten.
Das große Problem ist allerdings die prekäre Haushaltslage, also alles andere als ideale Ausgangsbedingungen für den frischgebackenen Generalstabschef, der die Aufgabe hat, Belgiens Militär aufzurüsten. Explizit auch vor dem Hintergrund eines möglichen direkten militärischen Angriffs auf EU- oder Nato-Staaten.
Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass Hofman und Vansina vor zwei Tagen ein Treffen mit Vor-Regierungsbildner Bart De Wever hatten. Über den Inhalt dieser Gespräche ist nichts bekannt. Aber allzu viel Fantasie braucht man angesichts der gespannten weltpolitischen Lage nicht, um zu erraten, worum es dabei zumindest zum Teil gegangen sein könnte.
Boris Schmidt